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Seite 2: Games Convention – Start überschattet von Killerspiel-Debatte

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Games Convention 2007 in Leipzig (Glashalle).

(Bild: heise online/Bernd Mewes)

Der Sommer 2001 scheint zu früh, und man will nicht zeitgleich mit der IFA beginnen. So soll die neue Spiele-Messe erst 2002 starten. Die Zeit nutzt man für Vorbereitungen. Zum ersten Mal stellt die Leipziger Messe auf der E3 in Los Angeles aus und wirbt um Aussteller. Mitte 2001 formt sich ein Beirat, und gemeinsam entscheidet man sich für den Namen Games Convention. Chefin der GC wird Angela Schierholz, die im März 2001 von der Messe Hannover wechselt (und heute Angela Marten heißt).

Das Problem, dem Publikum laute und bunte Stände mit Spielstationen anzubieten und den Fachbesuchern ruhige Plätze für Gespräche, löst man mit einer Zweiteilung des Geländes in einen Besucher- und einen Business-Bereich.

Kurz vor dem Start der Games Convention 2002 gibt es zwei Rückschläge. Im April eignet sich der schreckliche Amoklauf von Erfurt: Ein ehemaliger Schüler, 19 Jahre, dringt schwerbewaffnet in ein Gymnasium und erschießt innerhalb weniger Minuten 16 Menschen. Als man herausfindet, dass er Ego-Shooter wie "Return to Castle Wolfenstein" spielt, erreicht die Killerspiel-Debatte ihren Höhepunkt. Das überschattet vor allem gegenüber der Politik die Bemühungen ausgerechnet für eine Computerspiel-Messe.

Und um ein Haar geht die erste Games Convention buchstäblich unter, wegen der Jahrhundertflut im August 2002, die Sachsen besonders trifft.

Am Ende wird alles gut. Nach der Premiere mit 80.000 Besuchern wächst die GC von Jahr zu Jahr. Sie gilt bald als die erfolgreichste Neugründung einer Messe seit Jahrzehnten. Das Ende der ECTS in London 2004 hilft der Messe, sich international zu etablieren.

Für Hermann Achilles ist es die Games Convention, die der deutschen Spiele-Branche zum ersten Mal ein Gesicht gibt. Susanne Tenzler-Heusler, die als Pressesprecherin die Kommunikation der GC aufbaut, sieht es als den Verdienst von Leipzig, Spiele aus der "Schmuddelecke" herauszuholen und die Wahrnehmung der Branche zum Positiven zu verändern. Ein Grund dafür sei, Themen wie Jugendschutz und Medienkompetenz unter Hinzunahme von Partnern wie der Universität Leipzig von vornherein einzubinden. Neben dem Familienbereich GC Family zeigen Elemente einer Entwicklerkonferenz und Musik (wie das traditionelle Symphoniekonzert zur Eröffnung im ehrwürdigen Gewandhaus), dass Spiele nicht nur Spielen sind. Die aufwendigen und geschmackvollen Standbauten und Bühnenprogramme der Aussteller tun ihr übriges, Spiele als ebenso achtbar wie etwa Filme anzusehen.

Das weckt Begehrlichkeiten. Andere Städte bemühen sich um die erfolgreiche Spiele-Messe. Und innerhalb des VUD gibt es Auseinandersetzungen um die Ausrichtung des Verbands. Sie führen 2005 zur Auflösung und zur Neugründung mit dem Namen BIU. In Berlin, nahe der großen Politik. Neue Köpfe haben das Sagen, und auch innerhalb der Branche entsteht die Überlegung, an einem anderen Standort noch mehr Aufmerksamkeit zu erhalten und sich besser gegen eine mögliche Neuauflage der ECTS London zu wappnen. Zumal Leipzig an seine Grenzen stößt. Alle Hallen sind gefüllt, es gibt zu wenig Hotelzimmer, und es gibt kaum internationale Flugverbindungen. Gebiete wie NRW haben ein größeres Einzugsgebiet und mehr regionale Spiele-Studios.

2009 passiert es tatsächlich: Die Messe zieht nach Köln. Als Gamescom, da die Rechte für den Namen Games Convention in Leipzig liegen. Auch wenn die Messe streng genommen nur dahin zurückgeht, wo sie ursprünglich herkommt, ist das Verlieren der größten Spiele-Messe der Welt für die stolze Messestadt ein herber Schlag. Letztendlich gibt der Erfolg dem Umzug recht: Die Gamescom ist mittlerweile doppelt so groß und zieht doppelt so viele Besucher an wie die Games Convention in ihrem letzten Jahr.

Nach der letzten Games Convention 2008 mag Leipzig nicht aufgeben. Ein Jahr später findet, fast zeitgleich mit der ersten Gamescom in Köln, die Games Convention Online statt. Sie startet klein und wird schon im zweiten Jahr zu einer Fachbesucher-Messe reduziert. Eine dritte Ausgabe gibt nicht. Mittlerweile hat Leipzig wieder Spiele im Programm. Seit 2006 wächst die DreamHack Leipzig, die Spielemesse, E-Sport-Turniere und Deutschlands größte LAN-Party vereint.

Und die Gamescom, die findet dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie nur virtuell statt.

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(bme)