Iran: Gesichtserkennung soll Frauen in Hidschab zwingen

Mit Biometrie in Öffis gehen Irans Machthaber gegen Frauen vor, die ihr Gesicht nicht "korrekt" verhüllen. "Unislamische" Bilder im Netz werden bald Straftat.

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Eine Reihe schwarz verhüllter Frauen an einer Bushaltestelle

Archivaufnahme 1999: Iranische Frauen möchten in einen Bus einsteigen. Frauen müssen hinten einsteigen, Männer vorne.

(Bild: Jeanne Menj CC BY SA 2.0)

Lesezeit: 3 Min.

Automatische Gesichtserkennung ist die neue Waffe iranischer "Moralhüter" zur Unterdrückung von Frauen und Mädchen. Kameras, insbesondere in öffentlichen Verkehrsmitteln, sollen dazu genutzt werden, Frauen und Mädchen auszuspähen, die sich erdreisten, ihren Hidschab nicht korrekt zu tragen.

Das hat die zuständige Moralbehörde des Landes angekündigt, wie die Zeitung The Guardian berichtet. Sie finanziert sich aus den eingenommenen Geldstrafen. Bei Verletzung der Verhüllungsvorschriften sind sogar Haftstrafen und der Entzug grundlegender Bürgerinnenrechte sowie des Internetzugangs vorgesehen. Nach der islamischen Revolution 1979 wurde der Hidschab-Zwang für alle Frauen und Mädchen, die älter als neun Jahre sind, eingeführt.

Biometrische Ausweise ermöglichen jetzt die Durchsetzung der Verhüllungsvorschriften mittels Gesichtserkennung. Für immer mehr Bedürfnisse ist der Einsatz biometrischer Ausweise verpflichtend. Damit verfügt die Regierung über eine Datenbank der Iriden, Gesichter und Fingerabdrücke der meisten Einwohner Irans. Diese Datenbank wird nun zur schärferen Unterdrückung von Frauen und Mädchen genutzt.

Das Land befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise und leidet unter extremer Inflation. Gleichzeitig verschärft die speziell zuständige Polizeibehörde ihr Vorgehen gegen vermeintlich unmoralisch gekleidete Frauen und Mädchen, wobei es auch schon zu Schusswaffengebrauch gekommen ist. Hinzu kommen selbsternannte Moralapostel, die vermeintliche Übeltäterinnen in der Öffentlichkeit attackieren. Die öffentliche Hand gibt laut einem Bericht um die 200 Millionen Dollar jährlich für Hidschab-Propaganda aus.

Am 15. August hat Staatspräsident Ebrahim Raisolsadati die Vorschriften per Dekret weiter verschärft. Ziel ist offenbar, das Geldstrafenaufkommen deutlich zu steigern. Das Geld fließt ins Budget der Moralbehörde, sie wird also für Mehreinnahmen direkt belohnt.

Neben den "Übeltäterinnen" selbst, sollen auch Gebäudebesitzer bestraft werden, wenn ihre Gebäude von nicht ordnungsgemäß Verhüllten frequentiert werden. Ebenso werden Hausmeister bestraft, wenn die Mieter in ihrem Wirkungsbereich die Verhüllungsvorschriften nicht vollständig einhalten. Gleiches gilt für Behördenmanager in Bezug auf deren Mitarbeiterinnen.

Immer häufiger wird Frauen unter dem Vorwand unmoralischer Kleidung der Zutritt zu Banken, Ämtern und öffentlichen Verkehrsmitteln verwehrt. Kürzlich hat die Moralbehörde eine neue Bestimmung im Computerstrafrecht beantragt: Wer Bilder oder andere Inhalte online stellt, die "öffentlicher Sittsamkeit entgegenstehen", oder wer sich im Netz einfach nur gegen den Hidschab-Zwang ausspricht, muss mit bis Geldstrafen sowie bis zu zwei Jahren Haft rechnen.

Speziell für den Upload von Bildern iranischer Frauen ohne Hidschab ist der Entzug von Bürgerrechten vorgesehen, samt Verbot der Internetnutzung zwischen sechs Monaten und einem Jahr. Frauen im öffentlichen Dienst, deren "unislamische" Profilfotos im Netz aufgespürt werden, droht die Entlassung.

(ds)