Hamburger Dialog: Eindimensionale Werbebotschaften haben ausgedient

Im Zeitalter der vernetzten Verbraucher brauche man sprachlichen Stoff, der "im Konsumenten-Schwarm" die Runde macht. Eindimensionalen Botschaften, wie etwa "Geiz ist geil", fehle dafür allerdings die Tiefe, so Veronika Classen.

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Von
  • Torge Löding

Aus Sicht der Veranstalter, der Hamburger Messe AG, hat die Teilnehmerzahl auf dem 7. Hamburger Dialog kräftig angezogen. Bislang veröffentlichten sie keine Zahlen, aber sie rechnen mit 1400 Besuchern an beiden Tagen der Veranstaltung. Am gestrigen Montag hatte der Kongress seine Tore geöffnet. Mit Stefan Aust (Spiegel), Andreas Petzold (Stern) und Stefan Westendorp (TV Movie) sowie als Moderator Giovanni di Lorenzo (Die Zeit) sei die Dichte an Hamburger Chefredakteuren auf dem Eröffnungspanel besonders hoch gewesen, heißt es in einer Mitteilung.

Und sie waren sich einig: Die beste Profilierung, und damit der beste Kopierschutz unter Medienmarken, sei noch immer die Qualität. Über ein flaues Anzeigengeschäft sollte man nicht mehr klagen, sondern auf Innovation (TV Movie), hintergründige Inhalte (Spiegel), und gute Journalisten (Stern) setzen -- das würde sich am Kiosk bezahlt machen. Das "typisch deutsche Gejammere" solle endlich aufhören, das forderten auch der Chef der deutschen Unilever Johann C. Lindberg, der Werber Holger Jung und der Vizepräses der Handelskammer und Studio Hamburg Geschäftsführer Martin Willich mit flammenden Plädoyers für mehr Optimismus in Deutschland.

Dass es eine Vertrauenskrise in Deutschland gebe, die auch Marken und Medien betrifft, darin waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Allerdings könne man mit einem klarem Profil einiges an Boden wettmachen, wie Lindenberg am Beispiel der Marke Dove deutlich machte, die im Markt um 30 Prozent gewachsen ist, dank scharfer Abgrenzung in Hinblick auf Qualität, Originalität und Exklusivität. Stefan Aust bestätigte die Vertrauenskrise und findet die hohe Sparquote der Konsumenten schlichtweg vernünftig in Anbetracht der Unwägbarkeiten im Renten- und Arbeitsmarkt. Andreas Petzold hält es für existenziell, dass seine Marke unterscheidbar und eigenständig wahrgenommen wird. Das erreiche man nur, indem man Haltung zeigt und Positionen bezieht. Der Vertrauenskrise sollte man mit Ehrlichkeit und Kompetenz begegnen, nur so könne man Erwartungen einlösen und seinem Image den notwendigen Respekt verleihen. Werber Holger Jung konstatiert für seine Kunden allerdings kurzfristig einen Trend eher hin zu schnellen Abverkäufen, als zu mehr Substanz. Langfristig sei jedoch tatsächlich ein großer Trend im Anrollen: die neue Wertegesellschaft. Diese verlange von Marken und Konsum ein konsequentes Profil. Nachdem sich alle gegenseitig die guten Konzepte einander abgeschrieben haben, werden sie nun versuchen, sich deutlich abzugrenzen.

"Wenn hohe Qualität kein Unterscheidungsmerkmal mehr ist", dann werden laut der Werbe-Koryphäe Veronika Classen Werte künftig verstärkt nachgefragt werden. Sie seien Container, die aufgeladen werden müssten. Aber womit? Im Panel "Klonerie der Klassenbesten - Distinktion durch Kommunikation?" ließ Classen keinen Zweifel daran, dass erfolgreiche Markenstrategien vor allem auf Transparenz und Information, Ehrlichkeit und Nachvollziehbarkeit basieren werden. Vor allem die Sprache und das geschriebene Wort werden gegenüber der visuellen Kommunikation stark an Bedeutung hinzugewinnen. Denn im Zeitalter der vernetzten Verbraucher, des Chattens und der SMS brauche man sprachlichen Stoff, der "im Konsumenten-Schwarm" die Runde macht. Eindimensionalen Botschaften, wie etwa "Geiz ist geil", fehle dafür allerdings die Tiefe. (tol)