Astronomie: Extrem kompaktes Objekt bei Pulsar gibt Rätsel auf

Ein 40.000 Lichtjahre entfernter Pulsar wird von einem Objekt umkreist, das nicht in die Theorien passt. Ein Entdecker sieht eine "aufregende Nachricht".

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Schwarzes Loch vor hellem weißen Stern

Künstlerische Darstellung des Systems, unter der Annahme, dass der massereiche Begleiter ein Schwarzes Loch ist

(Bild: MPIfR; Daniëlle Futselaar (artsource.nl))

Lesezeit: 3 Min.

Ein internationales Forschungsteam hat "ein faszinierendes Objekt unbekannter Natur" entdeckt, das massereicher ist als es Neutronensterne eigentlich werden können, aber kleiner als alle bekannten Schwarzen Löcher. Das hat das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) jetzt publik gemacht und ergänzt, dass es sich bei dem rätselhaften Himmelskörper deshalb um eine neue exotische Sternvariante handeln könnte. Aber selbst wenn nicht, wäre es entweder ein Neutronenstern, dessen Materie bei einer "unglaublichen Dichte" einen unbekannten Zustand einnehmen müsste, oder das bislang leichteste Schwarze Loch. Weil das Objekt einen Pulsar begleitet, wäre das der "Heilige Gral der Pulsarastronomie", nach dem man seit Jahrzehnten gesucht habe. "Was auch immer dieses Objekt ist, es ist eine aufregende Nachricht", erklärt Paulo Freire vom MPIfR.

Um die Aufregung des Teams zu erklären, ruft das Forschungsinstitut grundlegende Annahmen zu Neutronensternen in Erinnerung. Das sind extrem kompakte und gleichzeitig massereiche Objekte, die das Endstadium größerer Sterne darstellen. Nach unserem Verständnis können sie dabei nicht mehr als die 2,2-fache Masse unserer Sonne aufweisen, andernfalls kollabieren sie zu einem Schwarzen Loch. Gleichzeitig besagen Theorien, dass die kleinsten Schwarzen Löcher, die auf diesem Weg entstehen können, die fünffache Masse der Sonne aufweisen müssen. Es gibt also eine nicht unerhebliche Masselücke und wenn in dieser extrem kompakte Objekte gefunden werden, erregt das besonderes Interesse. Ganz egal, worum es sich am Ende handelt, das Forschungsteam erwartet grundlegend neue Erkenntnisse. Ihr Objekt kommt demnach auf rund 2,35 Sonnenmassen. Die Fehlerbreite erlaubt aber noch einen Neutronenstern, der die Theorien nicht verletzt.

Darstellung der komplizierten Entstehungsgeschichte

(Bild: Thomas Tauris (Aalborg University / MPIfR))

Gefunden wurde das rätselhafte Objekt mit dem Radioteleskop MeerKAT in Südafrika. Damit hat das Team dank der extrem regelmäßigen Signale des Pulsars PSR J0514-4002E herausgefunden, dass er von einem Objekt umkreist wird. Dabei handelt es sich um ebenjenen Himmelskörper, dessen genaue Natur noch unklar ist. Damit die beiden Objekte in dem 40.000 Lichtjahre entfernten Kugelsternhaufen NGC 1851 in diese Konstellation geraten konnten, war demnach ein exotischer Vorgang nötig, der nur unter den dortigen Bedingungen vorstellbar ist. Zuerst habe das kompakte Objekt durch eine Kollision zweier Sterne entstehen müssen, erklärt das Team. Bevor es dann von dem Pulsar eingefangen wurde, habe der durch einfallendes Material von einem anderen Stern auf seine aktuelle Rotationsrate beschleunigt werden müssen. Dieser dritte Stern sei dann verloren gegangen. Deshalb sei es der exotischste Pulsar den wir kennen, seine Entstehungsgeschichte stoße an die Grenzen unserer Vorstellungskraft.

Unabhängig davon, was genau dort nun gefunden wurde, so handelt es sich doch mit Sicherheit um "ein einzigartiges Labor zur Erforschung der Eigenschaften von Materie unter den extremsten Bedingungen im Universum", schreibt das MPIfR weiter. Sollte es sich um einen Neutronenstern handeln, müsste die Materie dort einen Zustand einnehmen, der bislang unbekannt ist. Sollte der Pulsar dagegen von einem Schwarzen Loch umkreist werden, könnten neue Tests der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein unter besonders extremen Bedingungen möglich werden. "Wir sind mit diesem System noch nicht fertig", verspricht Arunima Dutta vom MPIfR. Der Forschungsartikel zu dem Fund ist jetzt im Wissenschaftsmagazin Science erschienen.

(mho)