War Rita vorhersagbar?

Die Evakuierung von Houston war chaotisch, teuer. Alexander E. MacDonald, Direktor der Wetterprognoseabteilung der NOAA, im Interview mit Technology Review.

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Von
  • David Talbot
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Alexander E. MacDonald, Direktor der Wetterprognoseabteilung der US-Forschungsbehörde National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), spricht im Interview mit Technology Review über die Computermodelle, mit denen die amerikanische Regierung derzeit den Verlauf von Wirbelstürmen wie Rita vorhersagt. Diese Modelle orientierten sich derzeit noch an zu großen Wettersystemen, so MacDonald. Es brauche aber präzisere Modelle, an denen man derzeit noch arbeite. Bis es soweit ist, müsse aber noch mehr Geld in Rechenleistung und Forschung investiert werden.

Technology Review: Die Katrina-Vorhersage war sehr akkurat, während man sich bei Rita verschätzte -- der Sturm zog nördlicher, als man vorausgesagt hatte. Die Evakuierung von Houston war also weniger notwendig, als die Evakuierung von New Orleans. Wurden bei beiden Stürmen nicht die gleichen Computermodelle verwendet?

Alexander E. MacDonald: Die US-Meteorologen nutzen bis zu zehn verschiedene Modelle, das so genannten "Modell-Ensemble", mit dessen Hilfe der Weg eines Hurrikans und seine Intensität berechnet wird. Man kann sich das ungefähr so vorstellen, als würde man zehn verschiedene Börsenmakler anrufen und sie fragen, was die beste Aktie sei. All diese Informationen ergeben zusammengenommen die beste Vorhersage. Bei Katrina funktionierte das sehr gut, weil die Modelle sehr akkurat waren. Bei Rita war die Vorhersage je nach Modell ziemlich unterschiedlich, was sie insgesamt schwieriger machte. Das zeigt uns, dass wir die Wetterprognose weiter verbessern müssen.

TR: Woran lag es, dass die einzelnen Computermodelle bei Katrina ähnlicher waren als bei Rita?

MacDonald: Die Atmosphärenstabilität war eine andere. Ein Hurrikan kann zwischen zwei Hochdrucksystemen gefangen sein, was einen stabilen "Fallschirm" ergibt. Instabile Stürme enthalten diesen nicht -- es ergibt sich eine offene Fläche ohne Hochdrucksysteme, die es dem Hurrikan erlaubt, sich in jede Richtung zu bewegen. Katrina war stärker zwischen den Hochdrucksystemen gefangen -- der Sturm musste die Richtung nehmen, die er schließlich nahm. Ritas tatsächliche Richtung hing mit klitzekleinen Veränderungen im Umgebungsdruck zusammen.

TR: Verbesserte Modelle benötigen bessere Sturmdaten. Wie wollen Sie an diese gelangen?

MacDonald: Derzeit messen wir einen Hurrikan ungefähr alle sechs Stunden, in dem ein bemanntes Flugzeug so genannte Fallsonden abwirft. Sie ähneln einem Wetterballon, messen Wind, Temperatur und Druck aber, während sie vom Flugzeug durch den Hurrikan zu Boden fallen. Schöner wäre es, ein unbemanntes Flugzeug, ein so genanntes UAS (Unmanned Aircraft System), zu verwenden, das sich dann in 20.000 Metern Höhe die ganze Zeit mit dem Auge des Hurrikans mitbewegt. Jede Stunde würde das UAS dann eine Fallsonde abwerfen, um das Zentrum des Sturms ständig zu messen. Das können wir bislang noch nicht. Das UAS könnte außerdem Instrumente besitzen, die per Radar oder Mikrowellen die Winde auf der Oberfläche messen, die sich aus der Wellenbewegung und anderen Meeressignalen ergeben.

Das UAS ist aber nicht das einzige Werkzeug. Sinnvoll wären auch mehr Bojen mit Wetter- und Wassersensoren auf dem Ozean, mehr bemannte Flugzeuge und eine bessere Nutzung von Satellitendaten. Mittels bemannter Flugzeuge und Doppler-Radar ließe sich sogar die Windstruktur um das Auge des Hurrikans feststellen, die dann unser Vorhersagemodell verbessern könnte.