Make-Projekt: Belichtungsmesser mit einem Pico bauen

Analoge Fotografie erlebt eine Renaissance. Falls die Kamera keinen eingebauten Belichtungsmesser hat, benutzt man einen externen, den man selber bauen kann.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Martin Spendiff
Inhaltsverzeichnis

Hier ist ein Raspberry-Pi-Pico-Projekt, das Ihnen ein paar Tränen ersparen kann, wenn Ihre analogen Filme nach dem Entwickeln aus dem Labor zurückkommen: Wir haben einen Open-Source-Belichtungsmesser namens Photon entwickelt.

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Ein solcher Belichtungsmesser ist beim Fotografieren ein unverzichtbares Werkzeug, besonders bei alten Kameras, die keinen eingebauten Belichtungsmesser haben. Moderne Kameras wenden eine Menge Rechenarbeit auf, um zu ermitteln, wie viel Licht auf das Motiv fällt. Wenn man sich aber direkt dem Motiv zuwendet und auf dem Belichtungsmesser ablesen kann, welche Belichtung bei welcher Blende und welchem ISO-Wert angemessen ist, ist kein Raten mehr nötig und alles wird einfacher!

Zur Übersicht haben wir ein (englisches) Video produziert, dass nicht nur die Bedienung von Photon zeigt, auch mit dessen Hilfe geschossene Beispielfotos präsentiert und einen Vergleich mit kommerziellen Geräten bietet.

Photon reproduziert (derzeit) einige der Funktionen von teureren kommerziellen Geräten unter Verwendung einiger preiswerter, leicht erhältlicher Teile. Er misst die Helligkeit des Umgebungslichts sowie die Rot-, Grün- und Blauanteile des Lichts, was in zukünftigen Versionen auch noch einen Weißabgleich ermöglichen könnte – Photon ist ein Open-Source-Projekt in Entwicklung und die Möglichkeiten der Hardware reizt die Software derzeit noch nicht aus. Aber auch schon jetzt gilt: Sie können für einen neuen Belichtungsmesser entweder ab gut 100 (aber auch über 1000) Euro ausgeben – oder sich für aktuell rund 60 Euro selbst einen löten. Das ist gar nicht schwer.

Kurzinfo
  • Praxistauglicher Belichtungsmesser für analoge Fotos aus wenigen Komponenten zusammenbauen
  • Open-Source-Projekt, eigene Erweiterungen und Updates aus der Community möglich
  • Blitzmodus ist in Arbeit

Checkliste

Zeitaufwand: ein Wochenende
Kosten: 60 Euro (Stand Januar 2024)
Programmieren: Micro-Python-Code auf Raspberry Pi Pico spielen
3D-Druck: für das Gehäuse, optional

Material

  • Raspberry Pi Pico Standard-Board oder Pimoroni Pico LiPo
  • LiPo SHIM for Pico von Pimoroni (PIM557) oder ähnliches Breakout-Board für den Akkuanschluss mit Laderegler (nicht nötig, wenn als Board ein Pico LiPo verwendet wird)
  • Farb-OLED-Bildschirm 128 × 128 Pixel, etwa Waveshare-1,5-Zoll-Modul
  • Drehgeber zum Anpassen der Einstellungen und Ändern des Prioritätsmodus; Iduino SE055 oder ähnlich
  • Tastaturschalter für die Lichtmessung; je nach Geschmack linear, taktil oder clicky
  • Mikrotaster, 6 × 6 mm für den ISO-Modus
  • BH1745 Helligkeits- und Farbsensor als Breakout-Platine von Pimoroni (PIM375)
  • LiPo/Li-Ionen-Akku 3,7 Volt, 1100 Milliamperestunden, mit zum Board passenden JST-Stecker
  • Kabel zur Verbindung der Komponenten
  • Gehäuse aus dem 3D-Drucker (optional)

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Falls Sie einen Standard-Pico und eine Laderegler-Platine wie Pimoronis LiPo SHIM verwenden, verbinden Sie den Laderegler mit dem Pico, wie in der Anleitung dazu beschrieben. Bequemer geht es mit dem Pico LiPo von Pimoroni als Platine, denn der hat den Laderegler gleich mit an Bord. Schließen Sie dann den Akku an. Kontrollieren Sie zuvor unbedingt, ob die Polung des Akkusteckers mit der des Boards übereinstimmt.

Der selbstgebaute Belichtungsmesser Photon braucht den Vergleich mit käuflichen Geräten nicht zu scheuen.

Schließen Sie dann den Lichtsensor, das OLED-Display, den Drehgeber und die beiden Schalter an die GPIO-Pins des Pico an. Die Versorgungsspannung (mit VCC, + oder 3.6 V beschriftet) und GND aller Komponenten sind ebenfalls mit dem Pico verbunden, in der Tabelle aber weggelassen. Auf dem Bild sitzen die Teile bereits im Gehäuse aus dem 3D-Drucker. Die Technik lässt sich aber problemlos auch in jedes andere passende Gehäuse einbauen.

Anschlüsse
Pico-Pin-Bezeichnung Pico-Pin-Nummer Sensor/Modul-Anschluss
Lichtsensor BH1745
GP4 6 SDA
GP5 7 SCL
OLED-Display
GP19 25 DIN/MOSI
GP18 24 CLK/SCK
GP17 22 CS
GP20 26 DC
GP21 27 RST
Drehgeber
GP6 9 CLK
GP7 10 DT
GP8 11 SW
Lichtmessungs-Schalter
GP15 20 der eine
GND z.B. 18 der andere
ISO-Taster
GP22 29 der eine
GND z.B. 28 der andere

Für die Pico-Firmware laden Sie bitte das aktuelle UF2-Image aus dem Github-Repository von Pimoroni herunter und installieren es auf dem Pico. Sie benötigen es, um die Pimoroni-Treiber für den Licht-sensor zu verwenden.

Wir haben den Photon-Code in Micro-Python geschrieben, der auf einfacher Mathematik basiert, und die vom Lichtsensor zurückgegebene Beleuchtungsstärke in einen Belichtungswert umwandelt. Eine etwas ausführlichere Darstellung der Mathematik dahinter steht am Ende der Readme-Datei in Github.

Kopieren Sie den Code von Github auf Ihren Rechner – entweder als Zip-Archiv, wie in unserer Online-Anleitung zu GitHub beschrieben, oder per Kommandozeile, falls Sie Git auf Ihrem Rechner installiert haben:

git clone https://github.com/veebch/photon.git

Ermitteln Sie dann den Port, über den der Pico vom Rechner aus erreichbar ist:

python -m serial.tools.list_ports

Mit dem ermittelten Pfad (bei mir zum Beispiel unter Linux /dev/ttyACM0, unter Windows etwa COM2) kopiert man den Code mit ampy (Adafruits Kommandozeilen-Tool für Kommunikation mit MicroPython-Boards über eine serielle Verbindung) und den put-Befehlen auf den Pico:

ampy -p /dev/ttyACM0 put drivers/
ampy -p /dev/ttyACM0 put gui/
ampy -p /dev/ttyACM0 put color_setup.py
ampy -p /dev/ttyACM0 put main.py

Geschafft! Jetzt wird das Python-Skript automatisch gestartet, sobald der Pico mit Strom versorgt wird.

Sie können unsere STL-Dateien aus dem Verzeichnis "cases" aus dem Github-Repository in 3D drucken. Es gibt dort verschiedene Varianten zur Auswahl.

Die verbundenen Teile im Gehäuse aus dem 3D-Drucker.

Wer keinen 3D-Drucker hat, kann seinen Belichtungsmesser aber auch in jedes handliche, aber genügend große fertige Gehäuse einbauen, da ist dann die eigene Kreativität gefragt.

Drücken Sie die Taste auf dem SHIM-Board oder dem Pico LiPo zum Einschalten. Drehen Sie den Drehgeber, um Blende oder Verschlusszeit vorzuwählen. Was Priorität hat, wechselt bei Druck auf den im Drehgeber integrierten Druchschalter. Drücken Sie die große Taste, um die Lichtmessung vorzunehmen und auf dem Display erscheint auf Grundlage der Messung eine passende Kombination aus Blende und Verschlusszeit. Um die vorgegebene Filmempfindlichkeit zu verändern, drücken Sie den kleinen Taster einmal, stellen den gewünschten ISO-Wert mit dem Drehgeber ein und betätigen den kleinen Taster zum Bestätigen nochmals. Das alles ist im verlinkten Video auch noch mal zu sehen.

Photon ist Work in Progress und lebt vom Mitmachen. Wenn Sie Photon noch besser machen können, forken Sie bitte das Github-Repository und verwenden Sie einen Feature-Zweig. Die Voraussetzungen für Weißabgleich-Messungen sind da, werden nur noch nicht ausgewertet. Die am häufigsten geforderte Verbesserung ist aber ein Blitz-/Stroboskopmodus – da arbeiten wir gerade dran. Leider erwies sich der hier beschriebene BH1745-Sensor als zu träge, um Blitzlicht zu erfassen. Deshalb sind wir dabei, von Grund auf einen neuen Sensor zu entwickeln und rechnen mit einem Blitz-tauglichen Update für Photon bis Mitte 2024).

Wer oft blitzt, sollte mit seinem Photon-Nachbau also noch etwas warten; wir hoffen aber, schon jetzt den Anstoß dazu gegeben zu haben, Photon zu einer offenen Community-Ressource zu machen. (pek)