Volkswagen will mit Kernmarke deutlich mehr Geld verdienen

Der Abgas-Skandal ist noch nicht ausgestanden, doch Volkswagen blickt mit seiner Kernmarke VW nach vorn. Schon das erste Quartal fiel nicht schlecht aus – und auch im Gesamtjahr soll das so bleiben. Das Ziel: weg vom Image des Sorgenkinds im Konzern.

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Volkswagen will mit Kernmarke deutlich mehr Geld verdienen

(Bild: dpa / Julian Stratenschulte)

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  • dpa

Volkswagen will mit seiner lange wenig profitablen Kernmarke VW zur Aufholjagd beim Gewinn ansetzen. Das Sorgenkind mit den wichtigen Modellen Golf und Passat soll im laufenden Jahr operativ deutlich mehr Geld einbringen – die Umsatzrendite soll auf Jahressicht am oberen Ende der Bandbreite von 2,5 bis 3,5 Prozent liegen, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Im vergangenen Jahr hatte die Rendite auch wegen der Folgen des Abgas-Skandals lediglich 1,8 Prozent betragen – auf Basis der jetzt geltenden Bilanzierung wären es 2,1 Prozent gewesen: Einige Importeursgesellschaften, die auch Autos anderer Konzernmarken vertreiben, werden neuerdings nicht mehr zur Marke gezählt. Die Stammmarke gilt immer noch als renditeschwach im Vergleich mit der Konkurrenz. Hersteller wie BMW und Daimler sind hier enteilt – Daimler fährt mit derzeit zweistelligen Prozentwerten vorneweg, bei BMW waren es 2016 immerhin noch 8,9 Prozent.

Der VW-Konzern profitiert von ertragreicheren Töchtern wie Porsche und Audi. VW-Markenchef Herbert Diess wurde von BMW geholt, um den Autohersteller profitabler zu machen. Dazu vereinbarte das Unternehmen zusammen mit dem Betriebsrat auch einen "Zukunftspakt", der unter anderem den Wegfall von weltweit bis zu 30.000 Stellen vorsieht – ohne betriebsbedingte Kündigungen. Im Gegenzug sollen Tausende Arbeitsplätze in Zukunftsfeldern entstehen. Auf mittlere Sicht bleibt es dabei, dass die Rendite bis 2020 auf 4 Prozent steigen soll, 2025 sind 6 Prozent angepeilt. Im starken ersten Quartal hatte VW Pkw ein operatives Ergebnis von 869 Millionen Euro erzielt – was einer Marge von 4,6 Prozent entspricht. Vor einem Jahr war der operative Gewinn der Marke auch wegen des Abgas-Skandals noch auf 73 Millionen Euro eingebrochen.

Das erste Quartal könne aber "kein Maßstab für das Gesamtjahr sein", mahnte Marken-Finanzchef Arno Antlitz. Er verwies auf hohe Kosten für das Erreichen der CO2-Grenzwerte. Der Umsatz der Kernmarke soll den Angaben zufolge in diesem Jahr um 10 Prozent zulegen – was gut 81 Milliarden Euro entsprechen würde. 2016 waren es nach der jetzt gültigen Bilanzierung 74 Milliarden Euro. Es gebe aber auch Risiken, betonte Diess: Vor allem in Nord- und Südamerika sei die Entwicklung unsicher, ebenso in Großbritannien und der Türkei. "Das Jahr wird also kein Selbstläufer", sagte Diess.

VW steht auch wegen des Skandals um manipulierte Dieselfahrzeuge unter Druck, alternative Antriebe zu entwickeln. Der Hoffnungsträger für den Start in die Ära der Elektroautos, der "ID", soll in Zwickau gefertigt werden. Das Fahrzeug werde ab 2020 auf den Markt kommen und solle bei den Kosten mit Dieselmodellen vergleichbar sein. Diess bekräftigte das Ziel, dass VW im Jahr 2025 rund eine Million E-Autos jährlich verkaufen und damit weltweiter Marktführer sein wolle. Im Zuge des Abgas-Skandals hätten in Deutschland 2,6 Millionen Dieselautos ein Software-Update bekommen, das seien fast drei Viertel der betroffenen Fahrzeuge, teilte VW weiter mit.

Diess sieht aber eine Zukunft für den Diesel in Europa. Bei neuen Dieselmotoren gebe es keinen Anlass, die Autos aus den Städten zu verbannen, betonte er. Es gebe "gute Gründe, den Diesel nicht aufzugeben".

VW-Elektrostudie I.D. Crozz (16 Bilder)

Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender der Marke Volkswagen, präsentiert die Studie I.D. Crozz in Shanghai.
(Bild: Volkswagen)

Chronologie des Abgas-Skandals (78 Bilder)

Mitte September 2015:  Die US-Umweltschutzbehörde EPA beschuldigt den Volkswagen-Konzern, Diesel-PKWs der Baujahre 2009 bis 2015 mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Prüfungen auf US-amerikanische Umweltbestimmungen austrickst. Zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen ist auch das California Air Resources Board (CARB) gekommen. Beide Behörden schicken Beschwerden an VW. (Im Bild: Zentrale der EPA in Washington D.C.)
(Bild: EPA
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(anw)