Urenco: Ausstieg aus der Urananreicherung in NRW wäre "Politikum ersten Ranges"

Im westfälischen Gronau reichert Urenco Uran an. Das wollen die Grünen stoppen. Nun hat sich das Unternehmen dazu geäußert.

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Urenco-Standort bei Gronau.

(Bild: Urenco)

Lesezeit: 3 Min.

Urenco, britischer Betreiber von Urananreicherungsanlagen, wehrt sich gegen Forderungen, die Niederlassung im westfälischen Gronau (UAG) so schnell wie möglich zu schließen. Dem stünden unter anderem verfassungsrechtliche Bedenken entgegen, auch sei Deutschland vertraglich gebunden. Dort auszuscheren wäre ein "Politikum ersten Ranges", heißt es in einer Urenco-Stellungnahme für eine Anhörung zu dem Thema im Wirtschaftsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags.

Nächstes Jahr geht zwar das letzte Atomkraftwerk in Deutschland vom Netz, der Ausstieg aus dieser Form der Energiegewinnung wird damit aber noch nicht abgeschlossen sein. Um den Atomausstieg zu vollenden, strebt das Bundesumweltministerium an, die Anlage in Gronau sowie auch die Brennelementefabrik in Lingen zu schließen. Die Grünen fordern nun die NRW-Landesregierung auf , die Anlage zu schließen und die Exporte von Uran und abgereichertem Uran zu beenden.

Urenco weist darauf hin , dass der Bundestag vor zwei Jahren einen Gesetzentwurf der Linken für die Stilllegung der Anlagen in Gronau und Lingen abgelehnt habe. Aus Sicht des Unternehmens würde ein Ausstieg diverse im Grundgesetz festgelegte Grundrechte verletzen wie zum Beispiel die Eigentums- und die Berufswahlfreiheit. Aus völkerrechtlicher Sicht verhinderten Verträge eine Schließung der UAG bis 2042.

Deutschland würde aus dem Vertrag von Almelo mit den Niederlanden und Großbritannien aussteigen, in dem die drei Staaten vor gut 50 Jahren verabredet hatten, die Urananreicherung zu fördern. Damit würde Deutschland in Bezug auf seine Verlässlichkeit an Ansehen verlieren. Mit Frankreich, den USA und dem Joint-Venture-Partner Orano kämen weitere Betroffene hinzu; "das wäre ein Politikum ersten Ranges", wie es in der Urenco-Stellungnahme heißt. Angesichts streng geheimhaltungsbedürftiger Informationen würfe ein deutscher Rückzug auch Fragen der Nichtverbreitung und des Austauschs sensibler Daten und Technik auf, auch ginge Deutschland Know-how in dieser Technik verloren.

Ein weiterer Streitpunkt in der Anhörung ist der Export von abgereichertem Uran von Urenco nach Russland. Dieses enthalte etwa noch einen Anteil an U-235 von rund 0,1 bis 0,4 Gew-%. Dieser könne durch einen nochmaligen Anreicherungsprozess technisch und wirtschaftlich auf Natururanniveau angereichert werden und damit Natururan substituieren.

Hier bekräftigte der Sachverständige Prof. Dr. Bernhard Wegener von der Uni Erlangen sein Gutachten, das er bereits für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen verfasst hatte. Darin heißt es, die Genehmigung des Exports abgereicherten Urans nach Russland setze nach der EU-Sanktions-VO 833/2014 voraus, dass ein Risiko der militärischen Verwendung oder der Weitergabe an einen militärischen Endnutzer nicht besteht. Dieses Risiko sei aber nicht auszuschließen.

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Urenco verweist darauf, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Exporte genehmigt habe. Es gebe dazu auch eine Endverbleibserklärung des russischen Unternehmens Tenex. Es habe zugesichert, das abgereicherte Uran verantwortungsvoll zu behandeln; das heißt, es werde nicht im Zusammenhang mit Waffen, als Munition oder für die Verletzung von Menschenrechten, sondern nur für zivile Zwecke eingesetzt.

Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg (Sofa) warnt in seiner Stellungnahme vor der Möglichkeit einer direkten Proliferation. Urenco habe laut Medienberichten den USA die Belieferung von Reaktoren des Betreibers TVA angeboten, die unter anderem Tritium für US-Atomsprengköpfe produzieren. Etwa die Hälfte des in Gronau produzierten Urans gehe in die USA. Zusätzlich verweist er auf die Entsorgungsproblematik hin, da in Gronau derzeit jährlich 4500 bis 5000 Tonnen Uranhexafluorid erzeugt würden.

(anw)