USA setzen Kanada auf Schwarze Liste beim Schutz geistigen Eigentums

Der US-Handelsbeauftragte Ron Kirk hat in seinem "Special 301"-Bericht 46 von 77 untersuchten Ländern unter besondere Beobachtung wegen mangelnder Durchsetzung von Urheber- und Patentrechten genommen.

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Der US-Handelsbeauftragte Ron Kirk hat in seinem gerade herausgegebenen "Special 301"-Bericht 46 von 77 untersuchten Ländern unter besondere Beobachtung wegen mangelnder Gesetze zum Schutz und zur Durchsetzung von Urheber- und Patentrechten genommen. 12 Nationen davon sollen mit besonderer Priorität in Augenschein genommen werden. Ihnen werfen die USA vor, beim Schutz der Rechte an immateriellen Gütern weitgehend zu versagen. Erstmals hat das zuständige Washingtoner Amt auch Kanada auf diese tiefschwarze Liste gesetzt. Zur Begründung heißt es, dass der Nachbar noch immer nicht die Verträge der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) von 1996 zum Werkschutz im Internet in nationales Recht umgesetzt habe. Zudem seien die Grenzkontrollen in Hinsicht auf die Beschlagname von Produktfälschungen mangelhaft.

Ganz oben in seinem speziellen Beobachtungsverzeichnis führt der Handelsbeauftragte weiter China und Russland. Besonders besorgniserregend sei der Anstieg der "Internetpiraterie" im Reich der Mitte, heißt es in dem Report. Peking müsse zudem mehr Anstrengungen für die strafrechtliche Verfolgung von "Raubkopien" und Produktfälschungen unternehmen. Das entsprechende Vorgehen rund um die Olympischen Spiele im vergangenen Jahr habe sich wieder abgeschwächt. Es sei im Gegenteil zu hören, dass staatliche Stellen offenbar angesichts der Finanzkrise "sanfter" an die Durchsetzung von Gesetzen zum Schutz etwa von Patentrechten oder des Copyright herangehen würden. In Russland betrachten die USA vor allem mit Sorge, dass "wilde Verwertungsgesellschaften" mit illegalen Webseiten für Musikdownloads "Lizenzen" aushandeln würden, ohne dafür eine Berechtigung zu haben.

Neu auf der "Priority Watch List" finden sich neben Kanada Algerien und Indonesien wegen langsamer bis nicht durchgeführter Verfolgung von Straftaten im Bereich geistigen Eigentums und dem Aufstellen von Importverboten gegen verschiedene Medikamente und klinische Geräte. Genau im Auge behalten sowie in gesonderten bilateralen Verhandlungen bearbeiten wollen die USA zudem Argentinien, Chile, Indien, Israel, Pakistan, Thailand und Venezuela. Südkorea werden dagegen deutliche Fortschritte beim Urheberrechts- und Patentschutz attestiert. 33 weitere Handelspartner von Bolivien und Brasilien über Italien, Norwegen, Polen, Tschechien und Spanien bis zu Vietnam finden sich etwa wegen der Duldung von Schwarzmärkten auf der "normalen" Beobachtungsliste wieder. Gespräche auch mit diesen sind laut Kirk gerade in "Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit" nötig, um die "großen Stärken Amerikas in der globalen Ökonomie – unsere Innovation und Kreativität" aufrechtzuerhalten.

Die International Intellectual Property Alliance (IIPA), der Lobbyvereinigungen wie die Business Software Alliance oder die Motion Picture Association for America (MPAA) angehören, begrüßte den Bericht rasch in einer Stellungnahme (PDF-Datei). Sie deutete ihn als Zeichen, dass Washington auch unter dem neuen Präsidenten Barack Obama hart bleibe im Kampf gegen illegale Kopien und Produktpiraterie. Bürgerrechtsorganisationen wie Knowledge Ecology International (KEI) taten den Report dagegen als "täuschendes, einseitiges Handelswerkzeug" ab, das allein den Interessen von US-Konzernen und Hollywoods diene und aus deren Eingaben zusammenkopiert worden sei.

Consumers International, ein US-Dachverband vieler Verbraucherschutzorganisationen, hat mit der Veröffentlichung einer Gegenliste (PDF-Datei) mit 16 Ländern reagiert, in denen die Urheberrechtsgesetze in besonderer Weise auch den Interessen der Nutzer gerecht werden. Die Führung haben darin Indien, Südkorea und China übernommen. Die USA liegen aufgrund ihrer "Fair Use"-Bestimmungen zur teilweisen Einschränkung des Copyright im Sinne der Allgemeinheit auf dem vierten Platz. Umso stärker kritisierte ein Vertreter der Vereinigung, dass die US-Regierung andere Länder von der Verabschiedung oder Aufrechterhaltung entsprechender Schrankenregeln abhalten wolle. Am schlechtesten schätzen die Verbraucherschützer Großbritannien ein, da Konsumenten dort trotz einer 500-jährigen Copyright-Geschichte gar keine Freiheiten im Umgang mit geschützten Werken hätten und sich nicht einmal Privatkopien ziehen dürften. (Stefan Krempl) / (hos)