Studie zur Atomkraft: Alternative Reaktoren lösen nicht das Endlagerproblem

Die "Generation IV" von Atomreaktoren sieht das für nukleare Entsorgung zuständige Bundesamt nicht als Lösung für den Klimawandel und das Endlagerproblem.

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Was wurde eigentlich aus dem Schnellen Brüter in Kalkar? Der dortige Schnelle Natriumgekühlte Reaktor ging nie ans Netz. Heute ist dort ein Wunderland.

(Bild: wunderlandkalkar.eu)

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Neuartige Reaktorkonzepte lösen nicht das Problem, ein Endlager für radioaktive Abfälle zu finden, meint Christian Kühn, Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Auch beantworteten sie nicht die drängenden Fragen des Klimaschutzes. Das Fazit zieht Kühn nach einer wissenschaftlichen Studie, die das BASE vom Öko-Institut, der Technischen Universität Berlin sowie dem Physikerbüro Bremen anfertigen ließ.

Angesichts des Klimawandels und der durch die Invasion Russland in die Ukraine ausgelösten Energiekrise hat die Atomkraft in einigen Ländern einen Anschub bekommen, in Brüssel haben sich gerade 30 dazu verpflichtet, sie auszubauen. Dabei werden in Ländern wie Frankreich und Großbritannien nicht nur neue herkömmliche Atomkraftwerke geplant und gebaut, sie ziehen auch neue Ansätze in Betracht.

Momentan sei nicht absehbar, dass solche Kraftwerke der "Generation IV" in den Markt eingeführt werden, geht aus der Studie hervor (PDF). "Trotz teils intensiver Werbung von Herstellern sehen wir derzeit keine Entwicklung, die den Bau von alternativen Reaktortypen in den kommenden Jahren in großem Maßstab wahrscheinlich macht", sagte Kühn.

In der Studie werden sieben Konzepte betrachtet, darunter blei- und gasgekühlte Reaktoren, Salzschmelzereaktoren oder beschleunigergetriebene Systeme. Alle unter dem Stichwort "Generation IV" diskutierten Konzepte würden seit Jahrzehnten entwickelt und hätten bisher keine Marktreife erreicht, heißt es in der Studie. Falls die technischen Hürden und Sicherheitsfragen gelöst werden können, würde die weitere Entwicklung wahrscheinlich mehrere Jahrzehnte dauern.

Auch alternative Reaktoren würden hochradioaktive Abfälle erzeugen, sie könnten sich zudem deutlich von den Abfällen der Leichtwasserreaktoren unterscheiden. Wenn beispielsweise keine festen Brennelemente, sondern Salzschmelze verwendet werde, wäre die Abfallbehandlung deutlich erschwert, denn heutige Endlagerplanungen seien in aller Regel nicht auf diese Abfälle ausgelegt. Durch Wiederaufbereitungstechnik ließen sich zwar hoch radioaktive Abfälle reduzieren, es fielen aber deutlich mehr mittel- und schwachradioaktive Abfälle an.

Auch die Transmutation wird in der Studie kritisch gesehen. Damit ist gemeint, Bestandteile der bestehenden hoch radioaktiven Abfälle zu spalten. Dies wäre erstens mit einem hohen Aufwand über einen langen Zeitraum verbunden. Zweitens würde dadurch der Flächenbedarf eines Endlagers nur gering reduziert, weil die langlebigen Spaltprodukte, die den größten Einfluss auf die Sicherheit haben, sich nur schlecht transmutieren ließen.

Obendrein bauten bestehende Regelwerke etwa der IAEA, in den USA, Kanada oder Großbritannien auf lange Betriebserfahrung mit Leichtwasserreaktoren auf. Entsprechend enthielten sie technologiespezifische Vorgaben, die nicht direkt auf alternative Reaktorkonzepte anwendbar seien. Zwar würden Regeln überarbeitet, bis diese aber fundiert seien, könne das mangels Betriebserfahrung lange dauern.

Auch zu dem Konzept der Small Modular Reactors – auch Mini-AKW genannt – hat das BASE bereits ein Gutachten anfertigen lassen. Das Öko-Institut kam dabei zu dem Schluss, Mini-AKW hätten zwar potenziell sicherheitstechnische Vorteile gegenüber großen Atomkraftwerken, die hohe Anzahl an notwendigen Reaktoren würde jedoch die damit verbundenen Risiken deutlich erhöhen. Zudem seien Fragen zu Sicherheit, Transport, Rückbau sowie zur Zwischen- und Endlagerung bislang ungeklärt.

(anw)