Siemens erhält Großaufträge für digitale Bahnfunk-Infrastruktur in Indien

Das deutsche Traditionsunternehmen stärkt seine Position im Wettbewerb um die Vormachtstellung im GSM-R-Weltmarkt. Siemens größter Konkurrent, der US-amerikanische Netzwerkspezialist Nortel Networks, kam zuletzt in China zum Zug.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Siemens hat zwei Großaufträge aus Indien zum Aufbau des digitalen Funksystems für den Zugverkehr GSM-R (Global System for Mobile Communications Rail) im Land erhalten. GSM-R baut auf dem Mobilfunkstandard GSM auf und ist auf die besonderen Bedürfnisse von Eisenbahnbetrieben ausgerichtet. Zu den technischen Vorzügen der geschlossenen GSM-R-Netzwerke zählen unter anderem deutlich kürzere Rufaufbauzeiten der Teilnehmer (Streckenzentrale, Zugführer und -personal) sowie stabile Verbindungen bis zu einer Reisegeschwindigkeit von 500 Kilometern pro Stunde.

Das deutsche Traditionsunternehmen soll für die Indian-Railways-Töchter East Central Railway und North Central Railway die Netzinfrastruktur für GSM-R installieren und alle Komponenten liefern, die für den Betrieb notwendig sind. Dazu zählen Vermittlungsstellen, Basisstationen, Service- und Verwaltungsplattformen sowie Mobiltelefone für die Lokführer. Indian Railways betreibt ein Streckennetz von insgesamt rund 63.000 Kilometern Länge sowie 14.000 Züge, die täglich über eine Million Tonnen Fracht und mehr als 14 Millionen Passagiere befördern. Den Auftragswert der beiden Projekte bezifferte Siemens mit rund sechs Millionen Euro.

In China kommt hingegen Nortel Networks zum Zug: Der US-amerikanische Netzwerkspezialist erhielt vom chinesischen Eisenbahnministerium zuletzt den Auftrag, die höchste Eisenbahnstrecke der Welt mit redundantem GSM-R auszustatten. Nortel setzte sich damit gegen Siemens und den nationalen Anbieter Huawei durch. Die 1142 Kilometer lange Strecke soll ab 2007 die chinesische Provinz Qinghai mit Tibet verbinden und ist seit Mitte 2001 in Bau. Nur rund 15 Prozent liegen unterhalb von 4000 Metern Höhe. Die Route ist nicht nur die erste Bahnstrecke Tibets, sondern auch die erste Strecke Asiens, die GSM-R ohne analoges Fallback-Netz einsetzt. Aufgrund der schwierigen Erreichbarkeit der Strecke wurde Nortel beauftragt, zwei parallele Netze zu errichten, die keinen gemeinsamen Single Point of Failure haben.

Der Wettbewerb um die Vormachtstellung im GSM-R-Weltmarkt zwischen Nortel und Siemens bleibt damit weiter spannend. In Europa, wo GSM-R derzeit im Rahmen des EIRENE-Projekts (European Integrated Railway radio Enhanced Network) als einheitliches digitales Funksystem für den Zugverkehr eingeführt wird, konnte Nortel bislang drei nationale Aufträge gewinnen. In Deutschland, das die Umstellung auf GSM-R stufenweise bis zum Jahr 2013 vorantreibt, werden noch in diesem Jahr alle Hauptstrecken der DB (24.500 von rund 36.000 Streckenkilometern) mit GSM-R von Nortel ausgerüstet. Auch in Großbritannien und Frankreich haben sich die Bahnnetzbetreiber für Nortel entschieden. (pmz)