Recht auf Reparatur: Hersteller darf Ersatzteile vom 3D-Drucker nicht blockieren

Der Binnenmarkt-Ausschuss im EU-Parlament hat ein starkes Votum für Verbraucherrechte abgegeben, das einen nachhaltigeren Umgang mit​ Geräten unterstützt.​

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3d-Drucker

(Bild: Artshake Media/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
Inhaltsverzeichnis

Wegen fehlender Reparaturmöglichkeiten landen viele Produkte im Abfall, obwohl sie nach einer Reparatur noch verwendbar wären. Gründe sind hohe Reparaturkosten, aber auch die verbreitete Praxis, defekte Geräte gegen neue Geräte zu tauschen. Der Binnenmarkt-Ausschuss (IMCO) im EU-Parlament hat neue Maßnahmen beschlossen, um Verbraucher dazu zu ermutigen, ihre Produkte zu reparieren, anstatt sie durch neue zu ersetzen. Außerdem wird nachhaltiger Verbrauch stärker gefördert. Mit 38 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen unterstützt IMCO den Parlamentsentwurf für ein "Recht auf Reparatur" mit einer Reihe von Änderungen.

Aktuell verlieren nach Angaben der EU-Kommission europäische Verbraucher jährlich aufsummiert rund 12 Milliarden Euro, wenn sie sich für den Kauf eines Ersatzteils statt einer Reparatur entscheiden. Die vorzeitige Entsorgung von gebrauchsfähigen Konsumgütern verursacht in der EU jährlich 261 Millionen Tonnen CO₂ -Äquivalente, verbraucht 30 Millionen Tonnen Ressourcen und führt zu 35 Millionen Tonnen Abfall.

Verkäufer müssen innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungszeit kostenlose Reparaturen anbieten, es sei denn, die Reparatur ist unmöglich oder teurer als ein Austausch des Geräts. Ebenso soll sich die Gewährleistungsfrist für reparierte Produkte um ein Jahr verlängern. Die Abgeordneten fordern auch, dass die Mitgliedstaaten die Reparatur durch finanzielle Anreize wie Gutscheine und nationale Reparaturfonds fördern. Als Vorbild gilt hier Frankreich.

Neu ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sich im Garantiefall direkt an die Hersteller wenden können. Die Hersteller sollen zudem verpflichtet werden, eine bestimmte Anzahl von Produkten zu reparieren (etwa Haushaltswaschmaschinen, Staubsauger, Smartphones, Fahrräder), auch, wenn die Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen ist. Die Hersteller müssen die Reparaturen in einem angemessenen Zeitraum durchführen. Dauert die Reparatur zu lange, sollen die Hersteller Ersatzgeräte als kostenlose Leihgabe zur Verfügung stellen. Wenn ein Produkt nicht repariert werden kann, sollen die Hersteller nicht ein neues, sondern ein bereits überholtes Gerät anbieten.

"Dass die Reparatur gesetzlich über den Austausch gestellt wird, ist ein großer Meilenstein", sagt Cristina Ganapini von der NGO "Right to Repair Europa" gegenüber heise online. Ebenso sei es ein großer Fortschritt, dass Hersteller Ersatzteile zu einem "vernünftigen" Preis verkaufen müssen, der nicht diskriminierend wirkt. Das heißt, sie dürfen nicht so teuer sein, dass sich eine Reparatur nicht lohnt.

Unabhängige Reparaturdienste erhalten während der gesamten Produktlebensdauer einen vollständigen Zugang zu Ersatzteilen, Informationen und Werkzeugen. Es gibt ein explizites Recht auf die Verwendung kompatibler Ersatzteile, sogar aus 3D-Druckern. Sie darf von den Herstellern nicht mehr blockiert werden. Nationale Online-Plattformen sollen Verbrauchern helfen, lokale Reparaturdienste wie etwa Reparatur-Cafés zu finden und Angebote zu vergleichen. Dieser Schritt zielt darauf ab, die vorzeitige Entsorgung von Gebrauchsgütern zu reduzieren. "Durch besseren Zugang zu relevanten technischen Reparaturinformationen und erschwinglichen Ersatzteilen für Werkstätten, einschließlich der Förderung des 3D-Drucks von Teilen, wird mehr Wettbewerb die Reparaturkosten senken", betont der sozialdemokratische Berichterstatter René Repasi.

"Das EU-Parlament schiebt den monopolistischen Praktiken auf dem Reparaturmarkt einen soliden Riegel vor", erklärt Cristina Ganapini. Inwieweit allerdings auch Apple mehr Transparenz liefern muss, um die Reparatur von iPhones zu ermöglichen, sei noch immer nicht klar. Möglicherweise müssten Gerichte dies klären. Insgesamt sei der vorliegende Text ein großer Erfolg, da er viele Verbesserungen gegenüber dem Vorschlag der EU-Kommission enthält. Mit der Abstimmung im IMCO-Ausschuss nähert sich ein zehnjähriges Ringen des Parlaments um die Förderung der Kreislaufwirtschaft dem Ende. Der Vorschlag wird in der zweiten Novemberhälfte im EU-Parlament abgestimmt, bevor endgültige Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten im Europäischen Rat beginnen.

(mack)