CES

Qualcomm zeigt Notebook-CPU Snapdragon X Elite und stänkert gegen Intel

Auf einem kurzfristig anberaumten Workshop ließ Qualcomm ausgewählte Benchmarks mit Snapdragon X Elite zu, aber keine neuen Infos aus dem Sack.

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Rote Referenz: Die gezeigten Notebooks mit Snapdragon X Elite werden in dieser Form nie auf den Markt kommen.

(Bild: c't / mue)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Florian Müssig

Auf der CES stehen die Notebookneuvorstellung ganz im Zeichen der Prozessorgenerationen AMD Ryzen 8040 und Intel Core Ultra 100. Doch weil Qualcomm in diesem Jahr auch ein Stück des Windows-Mobilgerätekuchens abhaben möchte, wurde kurzfristig zum Benchmark-Workshop auf dem Messestand geladen.

Dort standen im Hinterzimmer drei Exemplare eines Referenzdesigns, das die Firma schon vor ein paar Monaten bei der Enthüllung des Snapdragon X Elite präsentiert hat: ein 15-Zöller (4K-Auflösung) mit ebenjenem 12-Kern-Chip, 64 GByte LPDDR5-Arbeitsspeicher und einem Systemdesign von 80 Watt. Letzteres ist nicht mit TDP-Werten bei AMD oder Intel zu vergleichen, da es sich der Wert auf das gesamte Gerät bezieht. So ist etwa der (nicht näher spezifizierte) Energiehunger des Bildschirms eingerechnet. Rückfragen nach dem reinen Bedarf des Chips blieben unbeantwortet.

Notebook-Hersteller mögen Sticker. Deswegen bekommen Snapdragon-Geräte auch einen.

(Bild: c't / mue)

Qualcomm hat gängige Benchmarks wie Cinebench 2024 oder Geekbench vorinstalliert. Anwesende Journalisten durften sagen, was sie gerne wie ausgeführt hätten, Tastatur und Touchpad aber nicht selbst bedienen. Damit wollte Qualcomm sicherstellen, dass nichts Unerwünschtes passiert: Ausgewählte Benchmarks waren abgesegnet, ein Blick in den Gerätemanager aber etwa nicht gestattet.

Mit dem kurzfristig anberaumten Workshop wollte Qualcomm offensichtlich Wind aus Intels Core-Ultra-Segeln nehmen: Angeregt war ein Seite-an-Seite-Videovergleich mit den Core-Ultra-Notebooks, die Intel zu Messebeginn als Testgeräte an etliche Publikationen (auch an c’t) verliehen hat. Da das Asus ZenBook 14 (UX3505) ein flacher 14-Zöller mit viel geringerer Abwärme als das Snapdragon-Referenzdesign ist, hätte der "Gewinner" aber von vornherein festgestanden – weshalb wir davon Abstand nahmen.

Das soll die Rechenleistung, die der Snapdragon X Elite abgeliefert hat, nicht per se schmälern: Er erzielte im Render-Benchmark Cinebench 2024 133 Single- und 1149 Multithreading-Punkte. Zum Vergleich: Intels Core Ultra 7 165H haben wir bei 55 Watt TDP – also in einem zumindest recht ähnlichen Bereich – mit 100 beziehungsweise 867 Punkten gemessen. Werte über der 1000er-Schwelle haben wir bislang nur bei wenigen Hochleistungs-Notebooks mit HX-Prozessoren gesehen.

Die unausgesprochene Konkurrenz lautet wiederum nicht AMD oder Intel, sondern Apple. Bei der Vorstellung des Snapdragon X Elite hat Qualcomm noch Vergleiche zum M2 gezogen, doch seit Jahresende ist die M3-Familie am Markt. Im MacBook Pro 16 – also der zum Referenzgerät ähnlichen Gehäusegröße – gibt es M3 Pro und M3 Max. Ersteren haben wir im Cinebench 2024 mit 1005 Punkten und letzteren mit 1483 Punkte bei Last auf allen Kernen gemessen, womit der M3 Max klar in einer höheren Leistungsklasse schwebt. Und auch die (sehr gute) Singlethreading-Performance des Snapdragon wird von den M3s in den Schatten gestellt: Sie schaffen noch mal 10 Zähler mehr.

Im Geekbench 6 ergibt sich ein ähnliches Bild: Das Referenzsystem lieferte 2993 beziehungsweise 15.474 Punkte, was sehr ähnlich zum M3 Pro ist, aber deutlich entfernt, was Apples M3 Max bei Last auf allen Kernen abliefert (21.362 Punkte).

Eher unerfreulich ist, dass Qualcomms Referenzsystem bei einer anderen Eigenschaft sehr an gängige starke x86-Windows-Notebooks erinnert: Während der Benchmarks waren die Lüfter deutlich zu hören – kein Vergleich zum MacBook Pro, dem dabei nur sehr leise ein warmer Wind entfährt.

Hinsichtlich der GPU-Leitungsfähigkeit bleiben noch größere Fragen offen. Vorgesehen waren lediglich der 3DMark-Test Wild Life Extreme und der GFXBench, die beide inzwischen recht betagt sind und zudem die Vulkan-Schnittstelle nutzen. Die meisten Spiele (und auch der zweite an sich ARM-taugliche 3DMark-Test Night Raid) verwenden allerdings DirectX 11 oder 12 – da scheint es bei den Treibern noch zu holpern. Qualcomm wollte nicht beantworten, ob die integrierte Grafikeinheit Raytracing unterstützt. Sollte dem nicht so sein, wäre das ein klarer Feature-Rückstand gegen AMD, Apple und Intel.

Zudem ist unklar, wie repräsentativ das gezeigte Referenzdesign für die Windows-Mobilgeräte ist, die in der zweiten Jahreshälfte von 2024 tatsächlich in den Handel kommen sollen. Ein "echtes" Notebook im Stile des Referenzgeräts ergibt nur dann Sinn, wenn die integrierte Grafikeinheit eine brauchbare Spieleleistung abliefert. Sinnvoller sind kompaktere 13- und 14-Zöller, die dann auch die von Qualcomm versprochene Effizienz zur Schau stellen. In dem rund 90 Minuten langen Workshop konnten wir mangels Messmöglichkeit der Leistungsaufnahme nichts zur Effizienz ermitteln.

Ein kompakteres Snapdragon-Notebook gibt es ebenfalls bei Qualcomm als 23-Watt-Referenzsystem, aber ein solches war im CES-Workshop nicht verfügbar. Der Hintergrund: Qualcomm hat die etwa 100 Geräte umfassende Prototypenflotte längst an Mitarbeiter verteilt, die sie tagtäglich als Arbeitsgeräte nutzen – und es gibt eine lange Warteliste weiterer interessierte Mitarbeiter.

Schließlich ist unklar, wie genau die finale CPU-Modellpalette skaliert wird. Die Skalierung findet sicherlich auf mehreren Ebenen statt: In Qualcomms Laboren laufen Systeme bis hinunter zu rund 10 Watt, was die Möglichkeit auf passive und damit durchgängig lautlose Systeme eröffnet. Und obwohl Qualcomm bislang immer nur 12-Kerner gezeigt hat, würde es nicht verwundern, wenn auch Varianten mit weniger CPU-Kernen kämen – AMD, Apple und Intel lassen grüßen.

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(mue)