Nord-Stream-Sabotage: NATO will Seekabel und Pipelines besser schützen

Die NATO wird ein Marinezentrum für die Sicherheit kritischer Unterwasserinfrastruktur einrichten. Russland soll Leitungen im Meer bereits kartographiert haben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 69 Kommentare lesen

(Bild: Christoph Burgstedt/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Beim Treffen der Verteidigungsminister der Mitgliedsstaaten am Donnerstag und Freitag in Brüssel hat die NATO beschlossen, ein Zentrum für den Schutz kritischer Unterwasserinfrastruktur beim Marine-Hauptquartier im britischen Northwood einzurichten. Es soll für Teile des Atlantiks, der Nord- und Ostsee, des Mittelmeers sowie des Schwarzen Meeres zuständig sein und den Schutz dort verlegter Pipelines und Internetkabel stärken. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte: "Das Zentrum wird unser Situationsbild verbessern und unsere Präsenz auf See zur Verteidigung und Abschreckung erhöhen."

Das Nordatlantik-Bündnis reagiert damit auf die mutmaßlichen Sabotageakte gegen die Nord Stream-Pipelines in der Ostsee Ende September, deren Drahtzieher nach wie vor nicht ausgemacht sind. Die Explosionen hätten als Weckruf gedient, um den Fokus auf die Leitungen unter See zu lenken, ließ der frühere deutsche Drei-Sterne-General Hans-Werner Wiermann durchblicken.

Der Leiter der im Anschluss bereits eingerichteten Koordinierungszelle der Allianz zu diesem Bereich warnte laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Russische Schiffe haben tatsächlich unsere Unterwasserinfrastruktur kartographiert." Die Gefahr von Anschlägen sei real. Es bestehe die große Sorge, "dass Russland Unterseekabel und andere kritische Infrastruktur ins Visier nehmen könnte, um das öffentliche Leben im Westen lahmzulegen".

Das Bündnis müsse daher besser dabei werden, verdächtiges Verhalten in Echtzeit aufzuspüren und Schlimmeres zu verhindern, hob Wiermann hervor. Ziel ist es laut dem Verfasser des Konzepts für das Zentrum, sofort Patrouillenboote in Bereiche zu entsenden, wo suspekte Aktivitäten beobachtet werden. Rechtlich ist zwar umstritten, ob Schiffe in internationalen Gewässern gestoppt werden dürfen. Russland würde angesichts der angestrebten und offen gezeigten Präsenz im richtigen Augenblick aber vermutlich zumindest einen sichtbaren, zuschreibbaren Angriff nicht wagen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre regten im November an, dass die NATO Daten- und Gasleitungen in den Meeren sichern sollte. Die EU-Kommission stellte ihrerseits bereits im Oktober zu diesem Zweck einen Fünf-Punkte-Plan vor. Es sei nötig, Schwachstellen in dessen Infrastruktur zu ermitteln, unterstrich die Brüsseler Regierungsinstitution. Die Reaktionsfähigkeit der Gemeinschaft werde im Rahmen des bereits bestehenden Katastrophenschutzverfahrens erhöht. Satellitenüberwachungskapazitäten will die Kommission "bestmöglich nutzen, um potenzielle Bedrohungen zu erkennen". Die Agenda sieht auch vor, die Koordination mit der NATO im Rahmen des gemeinsamen strukturierten Dialogs über den Schutz kritischer Infrastrukturen zu verstärken und dazu eine Taskforce einzurichten.

(tiw)