Computex

Mainboardhersteller Asus und Gigabyte geraten sich in die Haare

Ungewohnte Töne aus Taiwan: Die Hardware-Firmen Asus und Gigabyte streiten öffentlich und machen gegenseitig ihre Produkte schlecht.

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Asus verspricht bis zu 96 Prozent EPU-Wirkungsgrad

Die beiden taiwanischen Mainboard-Hersteller Asus und Gigabyte führen zurzeit einen öffentlichen Schlagabtausch in ungewohnter Schärfe. Bei dem Streit geht es um einige Funktionen kommender Produkte, die angeblich beim jeweiligen Konkurrenten schlechter oder überhaupt nicht funktionieren sollen oder abgekupfert worden sein sollen.

In diesem Jahr haben die zu den weltweit führenden Mainboard-Herstellern zählenden Firmen Asus, Gigabyte und MSI ungewöhnlich früh mit der Auslieferung von Testmustern neuer Platinen für Intel-Prozessoren begonnen. Alle drei Unternehmen versuchen, ihre jeweiligen Produkte mit dem Chipsatz P45 im Vorfeld der am 3. Juni in Taipeh beginnenden Messe Computex ins rechte Licht zu rücken. Schon vor der CeBIT 2008, auf der zahlreiche P45-Boards zu sehen waren, hatten die Hersteller Pressevertreter über ihre neuen Produkte informiert. Seither hat es mehrere weitere Veranstaltungen gegeben, bei denen es vor allem um die zuerst erwarteten teuren Produktvarianten für den Einzelhandel mit zahlreichen Zusatz- und Übertaktungsfunktionen ging. Offiziell wird Intel den Chipsatz wohl erst zur Computex einführen; bisher gibt es auch noch keine Datenblätter, aber einige Vorab-Informationen.

Der aktuelle Streit zwischen Asus und Gigabyte dreht sich um die angeblich jeweils besonders effizienten, stabilen und leistungsfähigen Kernspannungswandler, die den Hauptprozessor versorgen. Bereits in der noch aktuellen P35- und X48-Boardgeneration hatte Asus einige Produkte mit einem Spannungswandler namens Energy Processing Unit (EPU) eingeführt, mit der P5Q-Baureihe (dazu gehören die P45-Boards) soll die EPU-6 Engine kommen. Bei Gigabyte heißt die Funktion mit ähnlicher Aufgabe Dynamic Energy Saver (DES). Diese Wandlerschaltungen, die die aus der 12-Volt-Schiene des PC-Netzteils gelieferte Leistung auf das für aktuelle Prozessoren (je nach Variante und aktueller Taktfrequenz) nötige Niveau von etwa 0,9 bis 1,4 Volt umsetzen, sollen angeblich besonders effizient arbeiten und dadurch einerseits kühler bleiben und andererseits durch die im Vergleich zu herkömmlichen Schaltungen eingesparte Energie die Umwelt schonen – hier geht es also auch um das aktuelle Trend-Thema "Green IT".

Die Thermokamera zeigt: Mit der "G-Marke" ist Gigabyte gemeint

In einer Präsentation für Journalisten hatte Asus nun behauptet, dass das 16-phasige Design des Kernspannungswandlers der kommenden Highend-Boards P5Q Deluxe und P5Q3 Deluxe/WiFi-AP bis zu 96 Prozent Wirkungsgrad liefere und über einen weiten Belastungsbereich effizienter arbeite als die "unechte" 12-Phasen-Schaltung konkurrierender Gigabyte-Boards. Dabei verwendete Asus den Namen "Gigabyte" nicht direkt, sondern sprach von der "G-Marke" (G-Brand), doch ein Thermokamerabild aus einer Asus-Präsentation zeigt deutlich lesbar den Namen Gigabyte auf dem Chipsatzkühler neben der Prozessorfassung.

Die Firma Gigabyte hatte nun ihrerseits in einer internen Präsentation, die aber (erwartungsgemäß) in einem Online-Forum veröffentlicht wurde, Asus der Schummelei bei bestimmten Energiesparfunktionen beschuldigt. Dagegen hat sich nun Asus mit einer kürzeren und einer langen offiziellen Stellungnahme verwahrt.

Dieses Hickhack um Spezialfunktionen überrascht besonders, weil Asus und Gigabyte noch Ende 2006 über eine gemeinsame Fertigung nachgedacht, dieses Projekt aber bald wieder beerdigt hatten. Nun scheint die Konkurrenz zwischen den beiden großen Mainboard-Firmen zu eskalieren.

Überraschend ist auch, dass ausgerechnet die von den allermeisten PC-Käufern und wohl auch von vielen PC-Bastlern bisher kaum beachteten CPU-Kernspannungswandler im Zentrum der Auseinandersetzung stehen. Eigentlich gibt Intel dafür in Design Guides (der aktuelle heißt VRD 11.0) sehr genaue Schaltungen vor und spezialisierte Chiphersteller wie Fairchild oder Intersil bauen dazu passende Controller-Chips. Laut VRD 11.0 sollten selbst für Prozessoren, die in der Spitze über 100 Ampere Strom ziehen, 4-Phasen-Wandler ausreichen; Intel schlägt Controller vor, die bei geringer Last einzelne Phasen abschalten, um den Wirkungsgrad zu steigern. Auch den Einsatz der zurzeit von vielen Mainboardherstellern – übrigens wohl in Folge der seinerzeit gehäuften Ausfälle von Aluminium-Elektrolytkondensatoren – als Besonderheit hervorgehobenen Aluminium-Polymer-Kondensatoren mit höherer (thermischer) Belastbarkeit und geringeren Verlusten schreibt Intels VRD 11.0 ausdrücklich vor.

Eine hohe Zahl an parallel arbeitenden CPU-Spannungswandlerphasen verschlechtert den Wirkungsgrad der Schaltungen eher und ist eigentlich ausschließlich für Übertakter vorteilhaft, die den Prozessor mit höheren Kernspannungen und dann auch wesentlich höherem Leistungsbedarf betreiben wollen. Im Sinne des Umweltschutzes wäre es also günstiger, einfacher ausgestattete und deshalb auch energetisch sparsamere Boards als diejenigen zu verwenden, um die sich der Streit zwischen Asus und Gigabyte dreht. Solche Brot-und-Butter-Mainboards fertigen beide Firmen selbstverständlich auch. Die EPU- und DES-Spezialfunktionen sind überdies teilweise nur mit Software-Tools der Mainboardhersteller aktivierbar oder nutzbar, die ausschließlich unter neueren Windows-Versionen funktionieren. Solche Software installieren manche Nutzer schon aus Furcht vor Sicherheitsrisiken nicht; ActiveX-Controls auf Notebooks von Acer und HP hatten sich in der Vergangenheit bereits als angreifbar erwiesen.

Eigenwillig hat Asus übrigens den Testaufbau zum Vergleich der thermischen Eigenschaften der eigenen EPU- und der Gigabyte-DES-Wandlerschaltungen gewählt: Statt eines aktuellen Core 2 Duo oder Quad hat Asus den als Hitzkopf bekannten und vor drei Jahren eingeführten 130-Watt-Prozessor Pentium D 840 mit 90-nm-Smithfield-Kern verwendet. (ciw)