Lob der Selbstorganisation

In den 80er Jahren hat die Chaosforschung mit psychedelischen Computergrafiken die Öffentlichkeit geradezu elektrisiert. Was ist übrig geblieben vom Hype um die Pop-Mathematik? Eine ganze Menge, sagt der Mathematiker Heinz-Otto Peitgen.

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Mit psychedelischen Computergrafiken hat der Mathematiker Heinz-Otto Peitgen die Chaosforschung in den 80er Jahren auch in Deutschland populär gemacht. Heute leitet er ein Institut, das Software für die medizinische Diagnostik entwickelt, doch Peitgen ist dem Chaos treu geblieben. "Die Vorstellung, dass sich der Kurs einer Aktie für die Zukunft vorhersagen lässt, ist ebenso absurd wie die Vorstellung, man könne das Wetter vorhersagen", sagt Peitgen gegenüber Technology Review. "Die Vorstellung von Chaosforschung, die Ihrer Frage zugrunde liegt, ist wahrscheinlich: Da entsteht ein neues Gebiet. Und dieses neue Gebiet gewinnt an Eigenständigkeit, und diese Eigenständigkeit wächst und wächst und wächst, so wie bei der Elektrodynamik oder der Quantenphysik. Das war nie so."

Im Interview mit Technology Review erklärt der Mathematiker, was vom Hype der Chaosforschung übrig geblieben ist – und "dass wir lernen müssten, mit mehr Unsicherheit zu leben: nicht von vornherein im Entwurf alles steuern zu können und dann die Selbstorganisation machen lassen." Der Erfolg seines Institutes gebe ihm recht, meint Peitgen: "Wir ziehen hier bei uns alle an einem Strick, und dabei kommen diese wunderschönen Konstellationen heraus, dass sich die Teams wirklich vollständig selbst organisieren... Die Zielsetzung ist nicht gut, weil der Chef das gesagt hat, sondern die ist deshalb gut, weil die, die daran arbeiten, davon überzeugt sind."

Mehr in Technology Review 06/2006: (wst)