LAN-Party für Eltern
Das Jugendamt der Stadt Celle veranstaltete eine LAN-Party, auf der Eltern erleben konnten, womit sich ihre Sprösslinge so die Zeit vertreiben.
Fasziniert blickt Bärbel Sander auf den Bildschirm. Mit der rechten Hand steuert die 41-Jährige die Maus, mit deren Hilfe sie beim so genannten PC-Killerspiel Counter-Strike ihre Gegner erschießt. Virtuell natürlich, denn im wirklichen Leben verachtet sie Gewalt. "Eigentlich habe ich etwas gegen Killerspiele", sagt sie. Doch ein wenig könne sie ihren 13 Jahre alten Sohn Florian jetzt schon verstehen. "Als Spieler muss ich schnell reagieren können und voll konzentriert sein. Das ist schon eine faszinierende Herausforderung", sagt sie.
Bärbel Sander aus Bergen bei Celle ist eine von insgesamt 120 Teilnehmern der nach Veranstalterangaben bundesweit bislang ersten LAN-Party für Eltern. 30 Computer wurden in der Alten Exerzierhalle in Celle aufgestellt und rund 400 Meter Kabel verlegt, um Erwachsenen einen Eindruck davon zu vermitteln, was ihre Kinder an Computer-Wettkämpfen fasziniert. Bundesweit ist eine Debatte über ein Verbot so genannter Computer-Killerspiele entbrannt, mehrere Unions-Innenminister sprechen sich dafür aus. Kinder stumpften dadurch ab, und es erhöhe sich die Gefahr von Nachahmertaten, hatten die Länderminister von Hessen, Thüringen, Niedersachsen und Bayern am Freitag erklärt.
"Das Jugendamt der Stadt Celle will in Sachen Aufklärung neue Wege gehen", sagte der Jugendschutzbeauftragte der Stadt, Ulrich Siegmann. Er war es auch, der die Idee hatte, eine solche LAN-Party speziell für Eltern in Celle zu veranstalten. Die Erwachsenen sollten selbst erleben, was ihre Sprösslinge im Netz so alles spielen. Nur so könnten sie sich wirklich mit dieser Materie auseinandersetzen und mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen. "Wir wollen zudem in Bezug auf die umstrittenen Computerspiele für eine Versachlichung sorgen", sagt der Jugendschutzbeauftragte, der an einer vom niedersächsischen Familienministerium geförderten Ausbildung zum Elternmedientrainer teilnimmt.
"Computerspiele sind eine Freizeitbeschäftigung wie viele andere auch", erklärt er. Es gebe keinen Beweis dafür, dass allein ein Computerspiel dafür verantwortlich ist, wenn ein Jugendlicher Amok laufe. Dennoch dürfe die Gefahr solcher Spiele natürlich nicht unterschätzt werden. "Computerspiele können auch süchtig machen", warnt der Jugendschutzbeauftragte. Vereinsamung und Flucht aus der realen Welt seien die Folge.
Diese Gefahr sieht auch Claudia Niemeyer aus Bergen. Die 40-Jährige findet es grundsätzlich nicht gut, dass ihr 14 Jahre alter Sohn Philip ständig vor seinem Computer sitzt. "Er isoliert sich dadurch, und er verliert den Bezug zur Realität sowie den Respekt vor den Menschen und dem Tod", sagt sie. Indem sie selbst als Kämpferin durch die Welt von Counterstrike läuft und um sich schießt, versucht sie ein wenig Verständnis für ihren Sohn aufzubringen.
Ulrich Walter aus Celle weiß, dass Computerspiele sehr viel Spaß machen können. "Ich setze mich oft mit meinen beiden Söhnen zusammen und spiele mit ihnen", sagt der 38-Jährige, der gerade gegen seine Frau Anke in einem virtuellen Beach-Volleyball-Turnier antritt. Allerdings will er die Kontrolle darüber behalten, was seine Kinder spielen. "Meine Söhne dürfen genau eine Stunde am Tag vor ihrem Rechner sitzen, länger nicht."
Während Ulrich Walter, seinen Volleyball über das Netz kickt und darauf hofft, gegen seine Frau zu gewinnen, legt Claudia Niemeyer zur gleichen Zeit ihr Gewehr an und zielt. "Am Bildschirm ist töten einfach", sagt sie. Nachvollziehen kann sie die Begeisterung ihres Sohnes zwar nicht – ein Spielverbot will sie ihm aber nicht erteilen. "Verbieten werde ich es ohnehin nicht können. Aber ich werde künftig aufpassen, dass er nicht mehr so lange am Computer sitzt und nicht die reale Welt um sich herum vergisst."
Siehe zu dem Thema auch:
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( Simone Haserodt, dpa) / (ad)