In Ostdeutschland wird an neuen Lösungen für die Windkraft geforscht

Unter anderem die Bundesagentur für Sprunginnovationen kümmert sich um neue Verfahren für die Windkraft. Bau, Recycling und Reparatur werden weiter erforscht.

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Windkraft, Windenergie, Windrad, Energie
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Von
  • Inga Jahn
  • dpa
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Damit mehr Energie durch Wind gewonnen werden kann, gibt es zahlreiche Forschungsprojekte – auch in Sachsen und Sachsen-Anhalt wird an neuen Ideen gearbeitet. Ergebnis der Tüfteleien ist unter anderem die Inbetriebnahme eines 300 Meter hohen Windmessmastes am Donnerstag im brandenburgischen Schipkau. Mit seiner Hilfe soll in deutschen Windparks bald eine zweite Etage entstehen.

"Das ist genau das, was wir auf schnelle Sicht wollen und unbedingt brauchen", sagt Martin Chaumet von der Bundesagentur für Sprunginnovationen, die ihren Sitz in Leipzig hat und das Projekt begleitet. Der Messmast ist Chaumet zufolge der erste seiner Art. "Den brauchen wir ganz wesentlich, um die Geräte zu eichen, die den Wind messen sollen." Weitere Masten sollen in Deutschland aufgestellt werden. Anschließend sollen die ersten über 300 Meter hohen Höhenwindräder folgen.

Bisherige Ergebnisse zeigten, dass in doppelter Höhe der Wind mit einer Geschwindigkeit von mehr als acht Metern pro Sekunde statt mit fünf oder sechs wehe. "Das ist fast wie Offshore oder eine gute Lage an der dänischen Küste", ordnet Chaumet ein. Nachgewiesen werden solle auch, dass im gesamten Bundesgebiet ausreichend nutzbare Mengen an Wind ab 300 Metern Höhe vorhanden seien. "Höhenwindräder könnten dann in Zukunft auch auf großen Industriestandorten stehen, zum Beispiel Ludwigshafen oder Leuna. Damit würde die Eigenversorgung unterstützt."

Auch Gebiete in Bayern und Baden-Württemberg, wo auf 150 Metern oft eher wenig nutzbarer Wind weht, sowie ehemalige Braunkohlegebiete kämen für Hochwindräder infrage. Wo genau diese stehen werden, will Chaumet noch nicht verraten. Die Genehmigungen seien noch nicht zu 100 Prozent durch. Dennoch zeigte er sich optimistisch: "Ich hoffe, dass wir in diesem Jahr noch für ein oder zwei Prototypen der Hochwindräder die Fundamente in die Erde kriegen. Im nächsten Jahr sollen die dann idealerweise in Betrieb genommen werden."

Zwei Projekte in Sachsen-Anhalt haben sich nicht mit Möglichkeiten für mehr Energieerzeugung, sondern mit der Reparatur und Entsorgung einzelner Windradteile auseinandergesetzt. "Das Problem besteht darin, dass man nicht weiß, wie die Entsorgung ablaufen soll", sagt der Geschäftsführer des Unternehmens Deutsche Vacuumtrockner aus Sangerhausen, Christoph Weidling. "In der Vergangenheit hat man erst begraben. Seit 2005 werden die Teile verbrannt", sagt Weidling. Das koste nicht nur eine Menge Energie. Zusätzlich falle auch viel Asche an, die wiederum entsorgt werden müsse.

Deshalb habe sein Team ein Verfahren entwickelt, durch das Windradflügel in ihre ursprünglichen Bestandteile – Harz und Glasfaser – zersetzt werden könnten. Im Jahr fielen zu Spitzenzeiten bis zu 50.000 Tonnen Material zur Entsorgung an. Das entwickelte Verfahren sei nicht nur im Rückbau von Windrädern, sondern auch für die Raumfahrt und den Bootsbau interessant. Auch dort sei das Entsorgungsproblem einzelner Teile noch nicht gelöst. Die voneinander gelösten Stoffe könnten anschließend weiterverwendet werden, erklärt der Ingenieur.

Aus den von Harz befreiten Glasfasern könnten beispielsweise Reparaturmatten gefertigt werden, mit denen Schäden an den in der Regel bis zu 25 Jahre genutzten Rotorblättern behoben werden könnten. Bei hoher Drehgeschwindigkeit könnten Schäden schon durch Wassertropfen entstehen, die in der Höhe wie Geschosse auf die Rotorblätter träfen, sagt Weidling.

Reparaturen könnten jedoch nicht unter allen Bedingungen ausgeführt werden, sagt Jana Fiedler, die an einem Standort in Halle des in Würzburg ansässigen Kunststoffzentrums forscht. Gemeinsam mit einem Team aus Wissenschaft und Wirtschaft hat sich Fiedler damit beschäftigt, welchen Einfluss Temperatur und Feuchtigkeit haben.

Ergebnis ist eine seit rund drei Jahren zugelassene Haube aus Silikon, die Reparaturen auch bei unter 16 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit möglich macht. "Zuerst wird die Stelle mit dem Riss an dem Rotorblatt weggeschliffen. Dann wird Lage für Lage mit Glasfaser und Harz aufgefüllt und die Haube draufgesetzt", beschreibt die Ingenieurin das Vorgehen. Die Haube habe eine Heizmöglichkeit und hafte dank Vakuum am Rotorblatt. "Darunter kann das Harz dann durch Wärme und Druck, die durch die Haube aufgebracht werden können, aushärten."

Forschungsprojekte, wie das zur Reparatur-Haube, entstünden oft aus wirtschaftlichen Bedarfen, sagt der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF), Michael Bruno Klein. "Unternehmen bringen heute immer stärker Ökonomie und Ökologie zusammen und arbeiten dabei eng mit der Wissenschaft – Hochschulen und Institute – zusammen." Die AiF betreut unter anderem das Kunststoffzentrum in Halle und führt Unternehmen und Wissenschaft für Projekte zueinander. "So begegnen Mittelstand und Wissenschaft nachhaltig und wirkungsvoll dem Klimawandel."

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(kbe)