Europäische Kommission will ESP für alle Neuwagen ab 2012

Die EU-Kommission schlägt eine Verordnung vor, nach der alle neuen Pkw ab 2012 mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm ausgerüstet werden müssen – rollwiderstandsarme Reifen und Reifendruckkontrollsysteme sollen ebenfalls Pflicht werden

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Von
  • Gernot Goppelt

Die Europäische Kommission schlägt eine Verordnung vor, nach der alle neuen Pkw ab 2012 mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm ESP ausgerüstet werden müssen. ESP ist ein Markenzeichen der Firma Daimler, die das "Anti-Schleuder-Programm" zusammen mit Bosch entwickelte und es erstmals in der S-Klasse einsetzte. Den Durchbruch in untere Fahrzeugklassen schaffte ESP, nachdem der misslungene Elchtest mit der A-Klasse von Mercedes-Benz zum Nachbessern zwang. Mercedes rüstete den kippfreudigen Kompaktwagen daraufhin serienmäßig mit ESP aus, andere Hersteller wie VW zogen in ihren Modellen der Kompaktklasse schnell nach. ESP ist zu einem gängigen Synonym für das Stabilitätsprogramm geworden, obwohl es aus markenrechtlichen Gründen eine ganze Reihe weiterer Kürzel gibt, unter anderem DSC, VDC oder VSC.

Mehr noch als das Antiblockiersystem ABS, das übrigens eine technische Voraussetzung ist, gilt ESP als eine der wirkungsvollsten Errungenschaften für die aktive Sicherheit von Fahrzeugen. ESP kann durch gezielten Bremseingriff das Schleudern oder Ausbrechen verhindern. Es nutzt im Wesentlichen Lenkrad-, Gierraten- und ABS-Sensoren, um zu erkennen, ob das Fahrzeugverhalten mit dem Fahrerwunsch übereinstimmt – diesen erkennt das System an der Lenkradstellung. Bei einer Abweichung bremst es gezielt einzelne Räder ab und hält so das Fahrzeug auf Spur – im Rahmen der physikalischen Möglichkeiten. In einer Pressemeldung vom 7. Mai hatte die Europäische Kommission noch mitgeteilt, dass ESP etwa 20 Prozent der Unfälle verhindern könnte. Im März hatte die EU-Abgeordnete Zita Gurmai die Einführung von ESP gar als "eine Frage der Intelligenz" bezeichnet. Der mit ESP so erfolgreiche Automobilzulieferer Bosch hatte zudem im August 2007 von Untersuchungen berichtet, nach denen europaweit nur etwa ein Sechstel aller Kleinwagen mit ESP ausgerüstet sei. Besonders viele Käufer von kleinen Fahrzeugen werden also ab 2012 an Mehrkosten nicht vorbeikommen.

Über das ESP hinaus will die Kommission noch weitere Sicherheitssysteme vorschreiben: So plant sie ein vorausschauendes Notbremssystem für schwere Nutzfahrzeuge ab 2013. Es soll den Fahrer warnen, wenn er zu dicht auf den Vordermann auffährt und eine automatische oder halbautomatische Bremsung veranlassen, um einen Zusammenstoß möglichst zu verhindern. Inwieweit eine Notbremsung vollautomatisch erfolgen darf, wird die Kommission noch genauer definieren müssen. Ebenfalls ab 2013 sollen Nutzfahrzeuge grundsätzlich mit einem Spurhalteassistent ausgerüstet werden, der einen Fahrer warnt, wenn er bei Unaufmerksamkeit die Fahrspur verlässt.

Ab 2012 sollen außerdem rollwiderstandsarme Reifen und Reifendruckkontrollsysteme verpflichtend sein. Reifen mit weniger Rollwiderstand leisten einen Beitrag zu weniger Kraftstoffverbrauch. Damit dies nicht auf Kosten anderer Eigenschaften geht, sollen gleichzeitig Anforderungen für die Nasshaftung und das Rollgeräusch definiert werden. Reifendruckkontrollsysteme warnen den Fahrer, wenn der Reifendruck einen bestimmten Wert unterschreitet. Dabei sind heute zwei Verfahren üblich: Bei der indirekten Messung werden über die ABS-Sensoren Unterschiede des Radumfangs gemessen – eine echte Messung ist das nicht, es genügt aber, um zum Beispiel den plötzlichen Druckabfall an einen Rad zu erkennen. Aufwendigere Systeme können den tatsächlichen Luftdruck messen, sind aber teuer. Welche genauen Anforderungen die Europäische Kommission hier stellt, ist bisher offen, Da sie sich von dem lufterhaltenden Warnsystem auch geringeren Kraftstoffverbrauch erwartet, wird es wohl auf kostspielige direkt messende Systeme hinauslaufen. (ggo)