Eine Hundeschule für Roboter – wie die Polizei "Spot" anlernt

Der Laufroboterhund "Spot" soll dort aushelfen, wo es für menschliche Polizisten zu gefährlich wird. Trainiert wird er im Innovation Lab in Duisburg.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 5 Kommentare lesen

(Bild: LZPD NRW)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Oliver Auster
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Ein harter Hund. Vermutlich der härteste bei der Polizei: Aus Blech und Stahl gemacht, ist es "Spot" auch egal, wenn man ihn mit einem festen Tritt umschubst. Der Laufroboter stellt sich einfach wieder auf seine vier Beine - und macht weiter seinen Job. Der Roboter-Polizeihund wird da eingesetzt, wo es für seine menschlichen Kollegen zu gefährlich ist. Dafür lernt er immer mehr dazu. Seine Schule: das Innovation Lab der NRW-Polizei in Duisburg.

Stünde in der Ecke ein Tischfußballspiel statt den Schaufensterpuppen in Polizeiuniformen, würde man sich wie bei einem Digital-Startup fühlen: Das Innovation Lab – in nur vier Monaten an den Start gebracht – liegt in einem Neubau am Duisburger Hafen, ist vollgestopft mit LED-Wänden und modernen Möbeln. Uniform trägt hier nur der Chef – der tatsächlich Polizist ist. Sein festes Team besteht ansonsten aus Ingenieuren, IT-Profis und einem Sozialwissenschaftler. Dazu kommen externe Experten, die zum Beispiel Spot anlernen.

Genauer gesagt, gibt es Spot zweimal: Nachdem das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) den ersten Laufroboter vor gut einem Jahr in den USA bestellt hatte, kaufte die Polizei ihm noch einen Kameraden – diesmal mit Greifarm (Preis: rund 150.000 Euro). Inzwischen arbeiten die beiden Robo-Dogs oft als Team. Aber: Auch alleine ist jeder der beiden aufsehenerregend. So schickte die Polizei den ersten Spot im Februar 2022 in eine Brandruine in Essen. Draußen standen etliche Journalisten – die den ersten öffentlichen Ausgang des Polizei-Vierbeiners aufmerksam verfolgten.

"Die Laufroboter sollen da eingesetzt werden, wo wir den Kolleginnen und Kollegen Gefahren ersparen können", so Innovation-Lab-Leiter Dominic Reese (40). Außer in Brandruinen kann das zum Beispiel beim Untersuchen von mutmaßlichen Sprengsätzen sein. Sollte da was schiefgehen, ist "ein Roboter ersetzbar", so Reese: "Ein Mensch nicht." Im Gegensatz zu den bekannten klobigen Entschärfungsrobotern, die auf Ketten wie ein kleiner Panzer fahren, kann ein Spot Treppen hochgehen – oder Türen öffnen.

Eben das muss der Roboter aber erst mal lernen. Denn deutsche Türen mit einer Klinke (statt Drehknauf) kennt das US-Modell nicht. Robotik-Experte Kevin Hawryluk führt vor, wie das Modell mit Greifarm mit festem Schritt (das Teil wiegt 45 Kilogramm) zu einer eigens angefertigten Übungstür marschiert. Hawryluk hat in seinem Tablet die Klinke markiert und dem Roboter gesagt, in welche Richtung die Tür aufgeht. Den Rest muss Spot nun selber können.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Polizei-Robotern wird das Gerät nicht komplett ferngesteuert. Dank künstlicher Intelligenz macht Spot das meiste selbst. Inzwischen kann er dank seiner Trainer auch um die Ecke gucken. Gerade war einer der Spots in einem Labor, um die Funkstrahlung zu messen – damit man weiß, ob man ihn auch in einem Hubschrauber mitnehmen könnte.

Beide Laufroboter – extra in Polizeifarben foliert – haben schon einige dicke Kratzer. Vom Training, aber auch aus echten Einsätzen. Nicht über alle spricht Reese. Aber: Vor kurzem war einer der beiden wieder an einem spektakulären Tatort. Diesmal unbemerkt von der Öffentlichkeit. In Eschweiler hatte es eine schwere Explosion in einem Haus an einer Fußgängerzone gegeben. Vater (56) und Sohn (21) sollen ihr Modegeschäft in die Luft gejagt haben, um die Versicherung zu betrügen. Sie kamen in Untersuchungshaft. Der verwüstete Ort – ein Fall für den Robo-Dog.

Als Team kann einer der beiden inzwischen mit seinem Greifarm eine Tür öffnen, damit sein Kamera-Kumpel hinterherlaufen kann. Zahlreiche Einsatz-Möglichkeiten tun sich da auf. Sind solche Roboter bei der Polizei bald so verbreitet wie Drohnen? "Ich persönlich glaube, dass wir künftig mehr Roboter bei der Polizei sehen werden", so Reese. Aber: Ein Phänomen wie besagte Drohnen – die es inzwischen flächendeckend bei der NRW-Polizei gibt – werden die Laufroboter so schnell nicht. Dafür sind sie schon zu teuer und noch zu schwer zu bekommen.

Dass das LZPD in seinem Innovation Lab überhaupt die beiden Roboter und weitere – noch vertrauliche – Gerätschaften und Prozesse testen kann, ist für eine Behörde wie die Polizei eigentlich ein Wunder – aber der Sinn der Einrichtung. "Wir wollen schnell vor die Lage kommen", erklärt Reese. Heißt: Erst eine Lösung suchen und danach alle Fragen klären, die damit zusammenhängen. Beim Laufroboter hätte man ohne das neu gegründete Innovation Lab wohl erst mal über die Hundehütte gestritten: Kommt der Vierbeiner zum Landeskriminalamt, zu einer Spezialeinheit, in eine Polizeibehörde...

"80 Prozent unserer Projekte werden nicht unmittelbar im täglichen Dienst landen", verdeutlicht Reese: "Aber wir haben es eben probiert." Und das, bevor eine Idee in den Mühlen der Verwaltung zerrieben wird. Kein Wunder, dass Innenminister Herbert Reul (CDU) ein Fan ist: "Das Innovation Lab gestaltet die Zukunft der Polizei mit. Forscher und Praktiker probieren und testen, aber verwerfen ihre Ideen manchmal auch wieder. Das gehört dazu. Aus dem Innovation Lab können wir noch allerhand Technologien und Innovationen erwarten, die unsere Polizei nach vorne bringen", so Reul.

Und Spot? "Unsere Polizistinnen und Polizisten sind Alleskönner. Bei den wenigen Dingen, die unsere Polizei nicht kann, da rüsten wir technisch nach. In diesem Fall tierisch-technisch. Spot ist ein klasse Roboterhund und schon jetzt ein beliebter Kollege im LZPD in Duisburg. Seine Feuertaufe, den Brandeinsatz in Essen, hat er souverän bestanden", lobt der Minister.

(cbr)