EU-Parlament verlängert freiwillige Chatkontrolle durch US-Konzerne

Noch bis 2025 sollen Meta, Google, Microsoft und Co. Strafverfolgern ohne EU-einheitliche Regelung Daten zur Verfügung stellen. Die Ausnahme wurde verlängert.

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Die Symbole verschiedener Chat-Anwendungen auf dem Bildschirm eines Smartphones.

Messenger wie Whatsapp und Signal könnten von einer neuen Chatkontrolle der EU betroffen werden.

(Bild: Michele Ursi/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Nico Ernst

Mit einer Mehrheit von unter anderem den Abgeordneten von CDU und SPD hat das Europäische Parlament am Mittwoch der Verlängerung einer Ausnahme von der E-Privacy-Richtlinie verabschiedet. Diese Ausnahme sieht vor, dass Onlinekonzerne unter anderem auf ihren Plattformen und in ihren Apps nach illegalen Inhalten wie Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern scannen dürfen.

Die Regelung wurde 2021 beschlossen und wäre 2024 ausgelaufen, nun ist sie bis 2025 verlängert. Grund für die Eile ist offenbar, dass der umstrittene Entwurf einer EU-weit einheitlich geregelten Chatkontrolle nicht vorankommt. Die neue Ausnahme tritt noch vor der Wahl zum Europäischen Parlament in Kraft, welche im Juni 2024 stattfindet.

Gegen die Verlängerung der Ausnahme stimmten Piraten, Linke, FDP, Grüne, AfD und zwei SPD-Abgeordnete, wie MEPwatch zeigt. Der Europaabgeordnete der Piraten, Patrick Breyer, hatte gegen die freiwillige Chatkontrolle geklagt und kommentiert nun: "Die Verlängerung der freiwilligen Chatkontrolle ist ein schwerer Fehler: Statt den neuen Vorschlag des EU-Parlaments zu einem wirksameren und gerichtsfesten Kinderschutz ohne Chatkontrolle durchzusetzen, hat EU-Kommissarin 'Big Sister' Johansson jetzt Zeit, Mehrheiten für die verpflichtende Chatkontrolle 2.0 zur Zerstörung des digitalen Briefgeheimnisses zu finden und kritische EU-Staaten mit infamen Kampagnen und Falschinformationen zur Zustimmung zu manipulieren."

Derzeit gibt es im Europäischen Parlament ein regelrechtes Gezerre um einen zentralen Punkt der geplanten EU-Richtlinie zur Chatkontrolle. Ende Oktober war die generelle Überwachung auch Ende-zu-Ende-verschlüsselter Chats – und damit die de-facto-Pflicht zum Einbau von Hintertüren – in einer neuen Entwurfsfassung gekippt worden. Dieser Vorschlag geht aber den Hardlinern offenbar nun wiederum nicht weit genug, sodass nun die freiwillige Überwachung durch die Plattformdienste selbst erst einmal verlängert wurde. Mit einer Abstimmung über die Chatkontrolle wird nicht mehr vor den Europawahlen gerechnet, sodass das Thema auch im Wahlkampf eine Rolle spielen könnte.

(nie)