Die große AI-Wette: Ist Open AI 90 Milliarden Dollar wert?

ChatGPT bestimmt im Tech-Jahr 2023 die Schlagzeilen. Auch am Kapitalmarkt erfreut sich Mutterkonzern OpenAI großer Beliebtheit.

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(Bild: Camilo Concha / Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Nils Jacobsen
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Künstliche Intelligenz ist weiter das beherrschende Thema der Stunde. Auch und gerade an der Wall Street, wo mit AI assoziierte Tech-Unternehmen die größten Kurs- und Bewertungszuwächse des Jahres verbuchen – allen voran Chip-Gigant Nvidia.

Am Sekundärmarkt treibt die Euphorie unterdessen noch weitere Blüten. Wie das Wall Street Journal (WSJ) Ende September berichtet, strebt ChatGPT-Mutterkonzern OpenAI den außerbörslichen Verkauf von Aktien zu einer Bewertung von 80 bis 90 Milliarden Dollar an. Das entspräche einem rasanten Bewertungsaufschlag von bis zu 200 Prozent.

Der Deal soll es Mitarbeitern ermöglichen, ihre bestehenden Anteile zu verkaufen, statt neue Aktien auszugeben, um zusätzliches Kapital zu beschaffen. Nach Angaben des WSJ strebt OpenAI an, Aktien im Wert von einigen hundert Millionen Dollar an Investoren aus dem Silicon Valley zu veräußern. "Mangelnden Ehrgeiz kann man ihnen nicht vorwerfen", kommentierte Wharton-School-Professor Ethan Mollick auf X OpenAIs Ambitionen.

Im Januar hatte OpenAI im Zuge des ChatGPT-Hypes für Schlagzeilen gesorgt, als ein massives Investment von Microsoft bekannt wurde. Der zweitwertvollste Konzern der Welt – nach Apple – investierte seinerzeit weitere 10 Milliarden Dollar in das 2015 von Elon Musk mitgegründete Start-up – und zwar zu einer Bewertung von 30 Milliarden Dollar.

Der Firmenwert von OpenAI, das inzwischen zu 49 Prozent zu Microsoft gehört, hätte sich damit innerhalb von neun Monaten verdreifacht. Entsprechend würde der Konzern einen bemerkenswert schnellen Return on Investment im zweistelligen Milliardenbereich einfahren. Börsenpläne von OpenAI soll es indes vorerst nicht geben. Auch eine mehrheitliche Beteiligung von Microsoft über der Marke von 50 Prozent soll es auf absehbare Zeit nicht geben, berichten mit dem Vorgang vertraute Personen gegenüber dem WSJ.

OpenAI befindet sich unterdessen auf rasantem Wachstumskurs und soll in diesem Jahr Umsätze von bereits mehr als einer Milliarde Dollar erlösen und 2024 nach WSJ-Angaben "viele Milliarden" mehr einnehmen.

So ambitioniert OpenAls Bewertung auf den ersten Blick erscheint, so sehr spiegelt 2023 die schnelle Verteuerung wiederum den Run auf KI-Aktien wider. Anteilsscheine von Platzhirsch Nvidia, der weiterhin mit einer Marktkapitalisierung nordwärts von 1 Billion Dollar gehandelt wird, legten seit Januar um mehr als 207 Prozent zu.

Aktien von C3.ai, das vom Silicon Valley-Software-Veteranen Thomas Siebel bereits 2009 gegründet wurde und "Generative AI"-Lösungen für Geschäftskunden entwickelt, liegen im laufenden Jahr ebenso wie der KI-gestützte Immobilienfinanzierungsvermittler Upstart um mehr als 100 Prozent vorne. Zu den C3.ai-Investoren gehört dann beispielsweise auch Google.

OpenAls kolportierte Bewertung von 80 bis 90 Milliarden Dollar würde den Mutterkonzern von ChatGPT und Bildgenerator DALL-E gleichzeitig auf einen Schlag zu einem der wertvollsten privat geführten Unternehmen machen. Lediglich die TikTok-Mutter ByteDance und Elon Musks Raumfahrt- und Telekommunikationsunternehmen Space X wurden in den letzten Finanzierungen mit Marktkapitalisierungen von 225 bzw. 137 Milliarden Dollar im Tech-Segment höher bewertet.

Angesichts der bislang erzielten Erlöse würden OpenAI-Aktionäre zur jüngsten Bewertung indes einen weitaus größeren Premiumaufschlag bezahlen. Während es ByteDance bei erwarteten Erlösen von 85 Milliarden Dollar in diesem Jahr auf eine Bewertung des 2,6-fachen Umsatzes bringt, würden die letzten Space-X-Investoren bei 2023 erwarteten Erlösen von 6 Milliarden Dollar schon knapp das 23-Fache der Erlöse hinblättern. Bei OpenAI wäre jedoch nach der kolportierten Bewertung der 80- bis 90-fache Umsatz fällig.

Auch Nvidia und Microsoft werden nach den Kursanstiegen der vergangenen Monate inzwischen mit sportlichen Multiplen des 12 bis 20-Fachen des Umsatzes gehandelt. Unterstellt man Open AI im nächsten Jahr eine Vervielfachung der Erlöse auf 3 oder 4 Milliarden Dollar, würde das acht Jahre alte KI-Startup durchaus schnell in die Bewertungsdimensionen seiner Peergroup hineinwachsen.

Allerdings muss OpenAI in Zukunft mit wachsender Konkurrenz rechnen. Amazon kündigte erst vergangene Woche an, vier Milliarden Dollar in das KI-Start-up Anthropic zu investieren. Anthropic entwickelt mit Claude und inzwischen Claude 2 einen direkten Konkurrenten von ChatGPT. Google wiederum stellte im Frühjahr seinen Chatbot Bard vor, Meta zog vergangene Woche mit Meta AI und dem Bildgenerator Emu nach. Auch Apple werden verstärkte Investments im KI-Segment nachgesagt. Wer das Rennen macht, ist also noch nicht entschieden.

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