Chaos beim Online-Musikdienst EMusic

Die Online-Plattform für die Backlist von Universal Music kämpft nicht nur mit technischen Problemen, sondern führt auch neue Einschränkungen ein.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Für 10 US-Dollar im Monat ein nicht durch DRM-Maßnahmen eingeschränktes Abonnement der Backlist von Universal Music? Nicht nur für Surfer mit einem Musikgeschmack etwas abseits des Mainstreams, etwa Interessenten für Free Jazz oder für alte Bebop- und Latin-Jazz-Aufnahmen, hörte sich das interessant an. Auch die Bereitstellung vieler Titel des Universal-Katalogs aus den Bereichen Hip Hop, Punk oder Metal lockte einige Kunden zu dem Online-Musikangebot, das der Musikkonzern auf der Plattform emusic.com bereitstellte. Die Umstellung auf ein neues Server-System und die Einführung neuer Features sowie Software war aber offensichtlich nicht so gut geplant, wie die User sich dies von einem kommerziellen Dienst erwarteten.

Schon die Kündigung für einige Abonnenten, die nach Ansicht von EMusic den Dienst durch übermäßige Nutzung und den Einsatz von Download-Hilfen missbraucht hatten, führte zu einigem Aufruhr: EMusic musste zurückrudern. Nun führte der Online-Musikdienst Ende der Woche neue Bedingungen ein: Der Download von einzelnen Musiktiteln oder ganzen Alben funktioniert nur noch mit der neuen Version 2.0 des EMusic-Download-Managers -- diese Ausgabe gibt es immerhin mittlerweile nicht nur für Windows, sondern auch für Mac OS und Linux. Es lassen sich allerdings nicht wie bislang unbegrenzt viele, sondern nur noch 45 Titel auf einmal zum Download vorsehen. Zudem stellte EMusic die MP3-Dateien von 128 kBit/s auf eine variable Bitrate um, die eine bessere Soundqualität bieten soll: Im Schnitt lag die Bitrate bei Stichproben von heise online zwischen 140 und 196 kBit/s. Immerhin dachte EMusic daran, die Laufzeiten der einzelnen Songs richtig zu encodieren, da sonst viele Player bei VBR-MP3-Dateien nur völlig unsinnige Daten anzeigen.

Schon diese Änderungen stießen aber nicht bei allen Anwendern auf Zustimmung: Auch wenn einige Nutzer in den EMusic-Foren Verständnis dafür zeigten, dass der Dienst, um finanziell überleben zu können, etwas gegen extreme "Vielsauger" unternehmen müsse, gab es doch heftigen Widerspruch gegen die Download-Einschränkungen. Dies sei bei Abschluss des Abo-Vertrags nicht absehbar gewesen. Außerdem äußerten einige User Bedenken, die Einführung von VBR-encodierten MP3-Dateien schränke die Kompatibilität besonders mit portablen Playern ein: Nicht alle Geräte kommen mit variablen Bitraten zurecht. So richtig sauer machte die Anwender allerdings, dass mit den Änderungen am Dienst auch die Einführung einer neuen Server-Softwareplattform verbunden war -- die dazu führte, dass Files nicht mehr übertragen werden konnten, der Service bei der Auswahl von Dateien zum Download nur noch mit Fehlermeldungen reagierte oder eigentlich vorhandene Songs und Alben als nicht verfügbar auswies.

Mittlerweile entschuldigt sich EMusic bei allen Anwendern: Diese Probleme hingen weder mit den neuen Features noch mit der neuen Version des Download-Managers zusammen. Man arbeite unter Hochdruck an der Behebung der Probleme, die alle auf Grund der neuen Server-Plattform auftreten würden -- über die sich EMusic nicht weiter auslässt, die aber anscheinend notwendig wurde, um Downloads über ein spezielles Protokoll generell nur noch mit dem Download-Manager zuzulassen. In einigen Fällen helfe es, die Download-Versuche abzubrechen und neu aufzunehmen; in anderen Fällen, etwa der Nicht-Verfügbarkeit einzelner Alben, bittet EMusic um Geduld, bis die Probleme behoben sind.

Wieviele User diese Geduld nicht aufbringen und stattdessen ihr Abonnement bei EMusic kündigen, darüber gibt es bislang keine Zahlen oder Schätzungen. Viele Anwender fragen sich allerdings, wie die Zukunft des mit einigen Hoffnungen gestarteten Online-Musikdienstes aussehen mag. Und das nicht nur, weil sie immer weitere Einschränkungen befürchten: Die Diskussionen um einen Verkauf von Universal Music reißen schließlich nicht ab; zudem könnte die Musiksparte des französischen Konzernns Vivendi Universal zu der Ansicht kommen, der neu gestartete Music Store von Apple stelle für die Firma einen grundsätzlich finanziell attraktiveren Weg dar, Musik online zu verbreiten. Immerhin ist Universal Music als Lizenzgeber für Songs bei Apple mit im Boot. (jk)