Bundesregierung sieht keinen umfassenden Fachkräftemangel

Einen allgemeinen Arbeitskräftemangel gebe es nicht, sagt die Bundesregierung. Allerdings sieht sie in einigen Berufen Engpässe, die noch größer werden könnten.

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(Bild: fotoinfot/Shutterstock.com)

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Von
  • Andreas Wilkens

Von einem umfassenden Fachkräftemangel kann in Deutschland nach Ansicht der Bundesregierung derzeit nicht gesprochen werden. Das schreibt sie in einer Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken. Allerdings seien in einer zunehmenden Zahl von Berufsfeldern und in einigen Regionen verfügbare Fachkräfte knapp.

Im dritten Quartal 2022 habe es 1,82 Millionen offene Stellen gegeben, im Dezember 2022 seien 2,45 Millionen Arbeitslose gemeldet gewesen. Im Oktober 2022 standen rund 4,35 Millionen Arbeitsuchende für die Besetzung von offenen Stellen zur Verfügung, wenn jene Personen berücksichtigt werden, die in "arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen" und in absehbar endender Erwerbstätigkeit standen sowie vorübergehend arbeitsunfähig waren.

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In ihrer Antwort (PDF) führt die Bundesregierung 148 Berufsgattungen auf, für die es 2021 Anzeichen eines Fachkräfteengpasses gegeben hat. Darunter sind neben Fachkräften in der Kfz-Technik, Mechatronik und Elektrotechnik Spezialisten im IT-Vertrieb und in der Softwareentwicklung. Die Fachkräftesituation werde sich im Jahr 2022 nochmals angespannt haben. Die Zahl der offenen Stellen habe tendenziell weiter zugenommen und die Arbeitslosigkeit von qualifizierten Fachkräften sei gesunken. Die Bundesregierung geht dabei davon aus, dass Fachkräfteengpässe in den nächsten fünf Jahren zunehmen werden.

Haupttreiber dieser Entwicklung sei die demografische Entwicklung, heißt es weiter in der Antwort der Bundesregierung. Auch die Digitalisierung und die Dekarbonisierung veränderten den Arbeitsmarkt mit einer "hohen Dynamik". Weiter wirkten sich noch die Coronavirus-Pandemie und aktuell der Angriff Russlands auf die Ukraine auf den Arbeitsmarkt aus.

Dabei sieht die Bundesregierung zwei Hauptherausforderungen: Das sich vergrößernde Fachkräfteparadox, das heißt die zunehmende Gleichzeitigkeit von Fachkräfteengpässen und Arbeitsplatzabbau. Hier gebe es nur einen begrenzten Ausgleich. Kurzfristigen Fachkräftebedarf gebe es zudem durch den beschleunigten Ausstieg aus fossilen Energien. Hier würden Fachkräfte beispielsweise aus dem Baugewerbe und Handwerk benötigt, die heute schon knapp seien und die in den kommenden Jahren besonders vom Renteneintritt der "Babyboomer" betroffen sein werden.

Hinzu komme der technische Fortschritt und die zunehmende Ausbreitung von Künstlicher Intelligenz. Hier erwartet die Bundesregierung grundlegende und weitreichende Veränderungen in Arbeitsorganisation und -prozessen. Die gingen einher mit Veränderungen in den Anforderungen an berufliche Qualifikationen und Kompetenzen.

Vor diesem Hintergrund hatte die Bundesregierung im Oktober 2022 eine Fachkräftestrategie vorgestellt. Dabei strebt die Regierung an, noch mehr Fachkräfte im In- und Ausland zu gewinnen. In ihrer aktuellen Antwort betont die Bundesregierung, Deutschland müsse ein Einwanderungsland werden, "das auch im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte attraktiv ist und bestehen kann".

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Nicht im Interesse der Bundesregierung sei Erwerbsmigration, um Löhne zu drücken, denn sie zerstöre "die Akzeptanz moderner Einwanderungspolitik". Die Bundesagentur für Arbeit prüfe im Visumprozess bereits vor Aufnahme der Beschäftigung die Beschäftigungsbedingungen, um orts- und branchenübliche Konditionen für Fachkräfte aus Drittstaaten zu gewährleisten. Zudem soll die geplante Einführung einer kontingentierten kurzzeitigen Beschäftigungsmöglichkeit ohne spezielle Qualifikationsanforderungen Arbeitgeber an einen Tarifvertrag binden, sozialversicherungsfreie Beschäftigung ausgeschlossen werden. In ihren Eckpunkten zur Fachkräfteeinwanderung hatte die Bundesregierung Ende November 2022 unter anderem beschlossen, dass IT-Fachkräfte künftig keine Deutschkenntnisse mehr nachweisen müssen, wenn der deutsche Arbeitgeber das nicht fordert.

(anw)