Bill Gates brütet über der Zukunft des Arbeitslebens

Die Netz-Generation trifft die Baby-Boomer: Der Microsoft-Gründer glaubt, dass die viel beschworene globalisierte Wirtschaft in den nächsten drei bis fünf Jahren noch mal um einige Gänge hochschalten wird.

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Bill Gates, Chief Software Architect des Software-Giganten Microsoft, hat am gestrigen Donnerstag vor rund hundert Firmenchefs und hochrangigen Managern seine Vision vom Arbeitsleben der Zukunft ausgebreitet (Webcast). Schenkt man Gates Glauben, wird die viel beschworene globalisierte Wirtschaft in den nächsten drei bis fünf Jahren noch einmal um einige Gänge hochschalten. Denn diesmal ist die Vision nicht technikzentriert, sondern soll sich an den Erfordernissen der Wirtschaft und deren veränderten Rahmenbedingungen orientieren.

Diese veränderten Rahmenbedingungen würden es notwendig machen, immer mehr über nationale, aber auch über Firmengrenzen hinweg zusammenzuarbeiten, erklärte Gates. Noch vor einigen Jahren hätten rund 800 Millionen Menschen -- hauptsächlich in Europa und den USA -- die Kerngruppe der kapitalistischen Produktion gebildet. Mittlerweile sei diese Zielgruppe auf rund vier Milliarden Menschen angewachsen. "Und es hat kein plötzliches Erdbeben im Internet gegeben."

Gleichzeitig sei eine neue Generation von "Informationsarbeitern" angetreten, die bereits als Kinder mit Computern und Netzwerken aufgewachsen seien, während ihre Chefs, die eher zur Generation der "Baby Boomer" gehörten, sich erst noch an die neuen technischen Möglichkeiten gewöhnen müssten. Denn während Vernetzung und Informationstechnik in einigen Bereichen einen Informationsüberfluss geschaffen hätten, herrsche in weiten Teilen der Geschäftswelt noch immer ein "Information Underflow", meint Gates. "Wo immer man auf Grenzen stößt -- das können Grenzen zwischen verschiedenen Abteilungen sein, von Grenzen zwischen Firmen gar nicht zu sprechen --, gehen Informationen verloren". Dabei müsse es doch darum gehen "Informationen direkt mit Aktionen" zu verknüpfen.

Chris Capossela, Corporate Vice President von Microsofts Information Worker Product Management Group, durfte die programmatische Rede des Software-Architekten unterbrechen, um den Anwesenden einen kleinen Eindruck davon zu verschaffen, wie man diese Probleme lösen könnte. Das von Microsoft unter dem Codenamen Maestro entwickelte Analysetool erlaubt beispielsweise das Erstellen und Austauschen so genannter Scorecards, auf denen Firmendaten direkt visuell mit zu definierenden Geschäftszielen abgeglichen werden können. Der Office Communicator -- ein möglicher Bestandteil des zukünftigen Office, ermöglicht dann die unmittelbare Life-Diskussion über die aus den Ergebnissen abgeleiteten Strategien -- per Chat oder Video-Konferenz und selbstredend verschlüsselt. Und natürlich greift der Client vor Kontaktaufnahme auf den Kalender des Gesprächspartners zu, um zu checken, ob und wie der überhaupt erreichbar ist. "Instant Messaging wird eine zentrale Business Application".

Gates hat natürlich noch weit reichendere Visionen. So sollen in einem Firmennetz eingespeiste Dokumente beispielsweise mit einem "Life Cycle Management" verwaltet werden, das festlegt, wie lange das Dokument wo umlaufen darf. Und die Analysetools will er mit Hilfe von KI-Algorithmen anreichern. Trotzdem soll Alles viel einfacher werden: "Weniger Teile, die sich bewegen, eine einfachere Informationsarchitektur", so dass sich der Informationswerker wieder auf das wesentliche konzentrieren kann: Geschäfte zu machen. (wst/tr) / (tol)