Auf der Suche nach dem Nano-Blockbuster

Wissenschaftler und Finanzexperten diskutieren in Berlin die Förderung der Nanotechnologie.

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Von
  • Richard Sietmann

In Berlin beraten zur Zeit rund 120 Fachleute aus 18 Ländern auf der Nano-Micro-Interface-Conference (Namix), wie sich in der Zusammenarbeit von Forschung, Industrie und Banken die Ergebnisse der Nanotechnologie-Forschung schneller in Geschäftsmodelle und kommerzielle Produkte umsetzen lassen. Als Paradebeispiel gilt dabei der am Forschungszentrum Jülich entdeckte Giant-Magneto-Resistive-Effekt, der binnen weniger Jahre zur Anwendungsreife entwickelt wurde und inzwischen in jeder Computer-Festplatte zur Datenspeicherung Verwendung findet.

Vergleichbare Blockbuster ("Straßenfeger") sind jedoch nicht so leicht auszumachen. Ein ebenfalls viel zitiertes Beispiel wie der IBM-Tausendfüßler Millipede, ein elektromechanischer Schreib/Lesekopf mit rund 4000 Nano-Tastspitzen zur Datenspeicherung, befindet sich noch in der Entwicklung; noch ist nicht entschieden, ob oder wann daraus je ein wirkliches Produkt wird. Und das Diamant-Skalpell für die Augenheilkunde, das mit einer drei Nanometer scharfen Spitze gegenüber den 3000 Nanometern eines herkömmlichen Metallskalpells schonendere Eingriffe verspricht, zielt nicht unbedingt auf einen Massenmarkt. "Die Übertragung der Forschungsergebnisse ist eher langfristig zu sehen", meint Hans-Jörg Fecht, Professor an der Universität Ulm, der gemeinsam mit der Deutschen Bank AG2 und dem Forschungszentrum Karlsruhe den Gedankenaustausch initiierte.

Die Global Player haben in diesem Jahr die staatlichen Fördermittel für die Nanotechnologie beträchtlich aufgestockt. In den USA stellt die National Nanotechnology Initiative (NNI) 770 Millionen US-Dollar bereit, in Europa summieren sich die Aufwendungen der Brüsseler Kommission und der Mitgliedsstaaten insgesamt auf rund 600 Millionen, und die japanische Regierung stellt 2003 sogar 810 Millionen US-Dollar bereit.

Fecht sieht die Bundesrepublik im Nanotechnologie-Wettlauf der Regionen gut aufgestellt. "In Deutschland wird in der Grundlagenforschung auf absolutem Spitzenniveau gearbeitet". Als Beleg hierfür zieht er den deutschen Anteil "von 15 Prozent an der Gesamtzahl weltweit vergebener nanotechnologischer Patente" heran. Was Patente als Indikator für die Leistungsfähigkeit im Wettbewerb angeht, gab es auf der Berliner Veranstaltung jedeoch unterschiedliche Darstellungen. Während Matthias Werner von der Deutschen Bank das Verhältnis, gestützt auf eine Erhebung der Jahre 1991 bis 1999 ein annähernd gleichgewichtiges Verhältnis zwischen Europa (40 Prozent) und Nordamerika (44 Prozent) präsentierte, führte Mihail Roco, als Leiter der beim Weißen Haus angesiedelten Nanoscale Science, Engineering und Technology-Gruppe (NSET) der führende Kopf hinter NNI, ganz andere Zahlen an: Seiner Patentrecherche nach sieben Schlüsselbegriffen der Nanotechnologie vom Anfang dieses Jahres zufolge brachten es die USA auf rund 6500, Japan auf 1000 und die EU auf etwa 500 Schutzrechte für Erfindungen.

Die noch bis morgen andauernde Veranstaltung will vor allem den Dialog zwischen Unternehmen und der Finanzwelt voranbringen. "Die Beurteilung eines Unternehmens aus der Mikrotechnologie wird für Finanzinstitute immer schwieriger", meint Matthias Werner, der bei der Deutschen Bank das Expertenteam Mikrotechnologie im Bereich Corporate Investment Banking leitet. Die Namix-Konferenz diene deshalb auch dem Ziel, "Verständnis für die Geschäftsbedingungen der HighTech-Kunden zu gewinnen". (Richard Sietmann) / (wst)